DeichBlick-Kolumne: Nils Petersen schreibt für die DeichStube
„Du musst auch mal am Boden gelegen haben“
Aktualisiert:
- 12 Kommentare
- Weitere
Von Nils Petersen. Der Sommer ist vorüber, die Fußballwelt dreht sich immer weiter. Und Nuancen entscheiden darüber, in welche Richtung.
Bei uns in Freiburg ist der Abstiegskampf Woche für Woche präsent. Selbst Anfang September lässt sich das gerade mit null Punkten auf der Habenseite nicht abstreiten. In Bremen wird dagegen nach einem Lucky Punch in Frankfurt von Europa geträumt. Nuancen eben.
Aber das ist das Wunderbare am Fußball. Auch wenn es Tiefpunkte gibt, an denen Spieler, Verantwortliche und Fans zu zweifeln beginnen, wie es jetzt auch beim DFB nach dem unschönen WM-Ausgang der Fall war, bietet sich die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und Negativerlebnisse als Chance zu sehen. Nach Regen kommt Sonne. Und um dich zu sonnen, musst du auch mal am Boden gelegen haben.
Es kann nicht nur immer in eine Richtung gehen. In anderen Jobs gibt es die gleichen Situationen. Du lernst den persönlichen oder mannschaftlichen Erfolg erst richtig zu schätzen, wenn du mal die andere Seite der Medaille gesehen hast. In Bremen mussten sich auch alle nach glorreichen Champions-League-Jahren mit Abstiegskampf begnügen. Aber ich hoffe sehr, dass sich Werder weiterhin so stabilisiert, um wieder Richtung Europa schielen zu können. Auf Dauer gehört Werder in diese Tabellenregion.
Kohfeldt könnte sesshaft werden wie Löw oder Streich?
Florian Kohfeldt bewundere ich sehr für seine Arbeit. Mich würde es nicht wundern, wenn er ähnlich sesshaft wird, wie es sich Jogi Löw beim DFB und Christian Streich im Breisgau hart erarbeitet haben. Tag für Tag, Woche für Woche und Saison für Saison den Ansprüchen gerecht zu werden, konstant auf hohem Niveau zu arbeiten – das ist die Kunst.
Auch ich muss wieder Tore erzielen, mit dem SC Spiele gewinnen und vorausgehen, damit ständig eine Entwicklung zu sehen ist. Ist diese nicht da, geht es uns Vereinsangestellten nicht anders als dem Personal in der freien Wirtschaft – wenn du nicht lieferst, wirst du ersetzt. Natürlich mag das für den einen oder anderen Meckern auf hohem Niveau sein, aber auch wir hängen an Städten, an Menschen und an Vereinen. Misserfolge in der Vita sind für niemanden schön. Was gestern war, ist morgen nicht mehr von Belang.
Nils Petersen: Seine Karriere in Bildern




Das hat mir die WM gezeigt. Drei Spiele können die Wahrnehmung eines ganzen Landes ändern. Die Medien haben Futter, und plötzlich ist jahrelange Arbeit vergessen. Daher gilt es, Momente zu genießen, mit Niederlagen und schlechten Spielen umzugehen und niemals zufrieden zu sein. „Wer denkt, etwas erreicht zu haben, hört auf, etwas zu werden“, las ich jeden einzelnen Tag an der Wand, als ich meine ersten Schritte als Fußballer auf höherem Niveau in Jena gegangen bin. Irgendwie lässt mich dieser Spruch nie los.
In sämtlichen Berufen, aber auch in Beziehungen, Ehen oder Freundschaften kann Zufriedenheit zu Lethargie führen. Die Welt dreht sich immer weiter und Nuancen machen in allen Belangen Trendwenden aus. Ärmel hoch, anpacken und für den Erfolg arbeiten, um die Nuance auf seiner Seite zu haben. Das wünsche ich dem SVW, dem DFB, uns Freiburgern, aber natürlich auch allen, die meinen Floskeln bis hierher gefolgt sind.
Zur Person: Der 29-jährige Stürmer kam 2012 vom FC Bayern München zum SV Werder. Für die Grün-Weißen erzielte er in 72 Pflichtspielen 18 Tore und bereitete neun weitere vor, ehe er im Januar 2015 zum Bundesliga-Konkurrenten SC Freiburg transferiert wurde. Im Breisgau ist Petersen – wie auch schon in Bremen – Publikumsliebling. Am Donnerstag trifft er mit der DFB-Auswahl in der Nations League auf Frankreich.
Weitere DeichBlick-Kolumnen:
Rolf „Rollo“ Fuhrmann: „Werder mitten in Europa, doch noch lange nicht da“