Werder-Fan lebt seinen „kleinen Traum“
„Taverna do Paraiso“: Uwe Thoensing betreibt in Brasilien ein Hotel im Werder-Stil
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Uwe Thoensing ist leidenschaftlicher Fan des SV Werder Bremen und lebt im brasilianischen Janga seinen Traum: Der 62-Jährige betreibt vor Ort ein Hotel im Werder-Stil. Wie er darauf gekommen ist und welcher Wunsch Thoensings sich noch nicht erfüllt hat.
Janga – Die Lage ist traumhaft: Der Atlantik ist nur ein paar Meter entfernt, davor ein wunderschöner Sandstrand samt Palmen und dazu Temperaturen, die selten unter die 30-Grad-Marke fallen. Dass Uwe Thoensing sein Hotel „Taverna do Paraiso“, die „Taverne im Paradies“, genannt hat, verwundert daher nicht. So weit, so gewöhnlich – könnte man meinen. Doch das Hotel im kleinen Ort Janga, der ein paar Kilometer nördlich der brasilianischen Millionenstadt Recife liegt, ist alles andere als unspektakulär, denn: Es ist in den Farben Grün und Weiß gehalten. Dazu weht an einem sechs Meter hohen Mast eine große Fahne des SV Werder Bremen. Und im Herzen des Hotels, in einem der drei Zimmer, steht ein grünes Bett. Uwe Thoensing betreibt in Brasilien ein Werder-Hotel samt einer kleinen Bar, in der alle Bremer Spiele laufen - und darauf ist er ziemlich stolz.
„Ich glaube, ich betreibe eine der am weitesten von Bremen gelegenen Fankneipen des SV Werder“, sagt der gebürtige Bremer. Die Spiele von Werder Bremen zeigt er dank der App „OneFootball“ sogar kostenlos – wenn auch mit portugiesischem oder englischem Kommentar. Dazu trinkt er Beck‘s, das sei Ehrensache, und manchmal schaut er die Spiele sogar im Pool. Dafür muss der eingefleischte Werder-Fan den Fernseher lediglich um 180 Grad drehen, denn die Bar wird nur durch eine Glasscheibe vom Poolbereich getrennt. Meistens würden sogar ein paar Gäste mitschauen, in der Umgebung wohnen zudem ein paar Bayern-Fans sowie ein Schalke- und ein HSV-Anhänger. Letzterer ist ein guter Kumpel. Mit ihm lasse sich gut diskutieren, sagt Uwe Thoensing und lacht.
Werder Bremen-Fan Uwe Thoensing eröffnet in Brasilien ein Hotel in den Vereinsfarben Grün und Weiß
Doch wie ist er darauf gekommen, am anderen Ende der Welt ein Werder-Hotel zu eröffnen? Dafür reicht ein kurzer Blick in seine Vita: Hinaus in die Welt wollte der heute 62-Jährige nämlich schon sein Leben lang. Der gelernte Malermeister und Bürokaufmann lebte für zwölf Jahre in Portugal, zog nach Hamburg, Berlin und wieder zurück. Er arbeitete als Versicherungsmakler und sogar fünf Jahre im Catering des Hamburger Volksparkstadions und des Berliner Olympiastadions. Nicht aus Zuneigung (Thoensing: „Unter meiner Arbeitskleidung hatte ich immer ein Werder-Trikot an“), sondern um bei Konzerten und großen Events Backstage mit dabei zu sein. „Ich habe so das Champions-League-Finale 2015 in Berlin und auch viele Künstler hautnah erlebt. Das Geld, das ich dort verdient hab, habe ich dem Kinder-Hospiz Sternenbrücke in Hamburg gespendet“, sagt Uwe Thoensing.
Vor zweieinhalb Jahren folgte dann die Auswanderung nach Brasilien. Er habe schon immer neue Dinge erleben wollen, sagt er. Nicht ganz unschuldig am Umzug nach Südamerika war allerdings seine brasilianische Frau Andreia. Sie hat er vor ein paar Jahren im Urlaub kennengelernt. Für drei Monate besuchte sie ihn in Bremen, ging mit ihm sogar zu einem Spiel des SV Werder Bremen ins Weserstadion. „Im tiefsten Winter mit Pudelmütze und Schal, das war ziemlich lustig“, sagt Uwe Thoensing und fügt an: „Aber ich habe mich dann schnell entschieden, zu ihr nach Brasilien zu ziehen.“
Uwe Thoensing hofft darauf, bald Fans des SV Werder Bremen in seinem Hotel in Brasilien begrüßen zu dürfen
Im brasilianischen Janga, das ein paar Hundert Kilometer unterhalb des Äquators liegt, habe er sich jetzt einen kleinen Traum verwirklicht. Seine Frau habe er nicht von seiner Idee überzeugen müssen, das Haus in Werder-Grün zu streichen. „Das Thema stand nämlich gar nicht erst zur Debatte“, sagt Thoensing. Vor Ort sei der SV Werder Bremen schon vor seiner Hotel-Eröffnung einigen Brasilianern ein Begriff gewesen, was aber mehr an Diego und weniger an Ailton gelegen habe. Nur echte Werder-Fans, die habe er noch nie in seinem Hotel begrüßen dürfen. „Aber jedem Werder-Fan, der in meinem Hotel übernachtet und mir etwas von Werder mitbringt, gewähre ich zehn Prozent Nachlass“, sagt Uwe Thoensing, lacht und fügt an: „Und wer Werder-Mitglied ist, bekommt nochmal zehn Prozent.“
Er selbst trage zu den Spielen des SV Werder Bremen das Meisterschaftstrikot der Saison 2003/04. „Das habe ich immer an und das wechsle ich auch erst, wenn Werder wieder Meister wird.“ Bis es so weit ist, dürfte es aus bekannten Gründen noch etwas dauern. Thoensing spricht sich deshalb für einen Investor bei Werder aus und fordert eine gerechtere Verteilung der TV-Gelder. In dieser Saison sei er mit einer Platzierung im Tabellenmittelfeld zufrieden, langfristig soll es am liebsten wieder weiter nach oben gehen. Einen Abstieg wie vor zwei Jahren (Thoensing: „Ich war fassungslos, das war eine ganz schlimme Geschichte“) dürfe es nie wieder geben. Auch, weil die Anstoßzeiten in der 2. Bundesliga den Hotelbetreiber vor Probleme gestellt hätten. „Der Anstoß erfolgte hier manchmal um 8 Uhr morgens und damit mitten beim Frühstück. Da musste ich mich dann natürlich ausklinken“, sagt Thoensing und lacht. Seine Gäste würden ihm das Nachsehen, überhaupt laufe das Hotel sehr gut. Auch, wenn aufgrund der Corona-Pandemie und gestiegener Flugpreise zuletzt deutlich weniger Europäer nach Brasilien gereist sind. Die Hoffnung, irgendwann einen Werder-Fan in seinem Hotel beherbergen zu dürfen, gibt Uwe Thoensing aber nicht auf. Seine „Taverne im Paradies“ im Werder-Stil liefert zumindest die nötigen Argumente. (nag)