Baumanns Arbeit trägt Früchte
Wenn bei Werder alles aufgeht...
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Bremen - Als das Nordderby gegen den HSV gespielt und als die professionelle Einordnung der Partie weitestgehend abgeschlossen war, da genehmigte sich Werder-Sportchef Frank Baumann gegenüber den Journalisten einen kleinen Scherz.
Die Bremer hatten soeben auch das neunte Spiel in Serie nicht verloren, und Baumann sagte: „Ich würde mir wünschen, dass wir jetzt mal eine Serie starten. Die geht für mich erst ab zehn Spielen los.“ Das Ganze garniert mit einem kurzen Augenzwinkern, und wenig später war das Gespräch mit Werders Sportchef auch schon vorbei.
Die Pointe jedenfalls hatte gesessen, so wie bei Werder momentan alles sitzt. Dass der Club gerade einen nicht für möglich gehaltenen Aufschwung erlebt, hat sicher viele Gründe – einer davon ist: Frank Baumann. Es scheint, als würde die Arbeit des 41-Jährigen nun Früchte tragen – und dass führt sogar dazu, dass er sich plötzlich auf das Thema Europa League einlässt.
Eines vorweg: Werders Geschäftsführer Sport ist wahrlich kein Mensch, der sich hinreißen lässt, keiner, der dazu neigt, Dinge überzubewerten – ganz egal, in welche Richtung, ob positiv oder negativ: Baumann macht es nicht, bleibt lieber sachlich. „Ich bin lange genug im Geschäft und weiß die Dinge einzuschätzen, wenn es gut läuft, aber auch, wenn es schlecht läuft“, sagt er. Nun ja, für Werder, da läuft es seit einigen Wochen ziemlich gut, und auch Baumann dürfte nicht entgangen sein, dass das viel mit dem Personal zu tun hat, das er im vergangenen Sommer nach Bremen geholt hat.
Baumann landet Glücksgriffe bei Transfers
Beispiele dafür gibt der Kader derzeit mehr als genug her. Baumann verpflichtete etwa Serge Gnabry und den zuletzt überragenden Max Kruse. Beide sind bisher die besten Angreifer des Vereins. Gerade bei Kruse, dessen Karriere in Wolfsburg ins Stocken geraten war, war nicht klar, ob er in Bremen wieder funktionieren würde. Baumann ging das Risiko ein und wurde belohnt. Im Sommer hatte der Sportchef direkt nach seinem Amtsantritt zudem vor der undankbaren Aufgabe gestanden, nach den Abgängen von Jannik Vestergaard und Papy Djilobodji eine komplett neue Innenverteidigung zu verpflichten.
Baumann holte Niklas Moisander und Lamine Sane, die Werders Defensive inzwischen so stabil gemacht haben, wie sie seit Jahren nicht mehr war. Die Reihe lässt sich fast beliebig fortführen. Robert Bauer? Florian Kainz? Thomas Delaney? Alle angekommen bei Werder, alle mit einer wichtigen Rolle im Kader. Natürlich klappt das nicht immer auf Anhieb – so benötigte etwa Kainz eine ziemlich lange Anlaufzeit –, und es gab auch Fehlgriffe, wie den inzwischen nach Metz verliehenen Fallou Diagne, aber Baumanns Plan vom neuen Werder scheint inzwischen aufzugehen.
Werders Leihspieler 2016/2017




„Wir haben den Kader nach unseren Überzeugungen zusammengestellt“, unterstreicht der Sportchef, der – so wie es nun einmal seine Art ist – auch seine eigene Person nicht überbewertet wissen will: „Die Entscheidungen treffe ich nicht alleine, das machen wir ihm Team.“ Noch so eine dieser Entscheidungen war, an Trainer Alexander Nouri festzuhalten, mit ihm aber erst über eine Vertragsverlängerung zu verhandeln, wenn der Klassenerhalt geschafft ist. Auch dieses Modell funktioniert ganz offenbar prächtig.
Keine Angst vor Europa
So prächtig sogar, dass Werder vor dem Saisonfinale tatsächlich der Einzug in die Europa League winkt – ein Thema, über das Frank Baumann gar nicht so gerne spricht. Das Saisonziel sei es nach wie vor, den Klassenerhalt vorzeitig zu schaffen, erklärt der Ex-Profi, lässt sich dann aber doch noch eine Hintertür offen: „Das haben wir bewusst so formuliert, denn wenn es geschafft ist, dann haben wir vielleicht noch andere Möglichkeiten.“
Angst vor Europa – die haben sie bei Werder jedenfalls nicht. Es gab ja durchaus schon Vereine, die mit der Doppelbelastung nicht klargekommen sind, die donnerstags in der Ukraine spielen mussten und dann am Sonntag das Heimspiel, gegen, sagen wir, Freiburg verloren haben. Frank Baumann weiß das, überlegt kurz, und wählt dann wieder einen dieser subtilen Scherze, die er so gerne mag: „Das Heimspiel gegen Freiburg haben wir in dieser Saison ja auch ohne Europa verloren.“