Bremen - Alexander Nouri ist ein höflicher Mensch. So kommt der Werder-Coach auch am Tag nach der niederschmetternden 0:2-Pleite gegen Mönchengladbach der Journalisten-Bitte nach, ein paar Fragen zu beantworten.
Er hat schon am Sonntag viel gesprochen, aber nicht wirklich viel gesagt. Das ist nicht ungewöhnlich im Fußball-Geschäft. Für einen angeschlagenen Trainer wirkte das allerdings etwas emotionslos, vielleicht sogar schon etwas ratlos. Diesen Eindruck versucht Nouri nun zu verändern. Er gibt sich kämpferischer und kündigt eine erste Maßnahme in der sportlichen Krise an: Zum nächsten Bundesliga-Spiel in Köln am Sonntag (13.30 Uhr) wird Werder wohl einen Tag früher als sonst anreisen – also schon am Freitag.
„Es geht jetzt darum, nicht zu zweifeln, sondern darum, die Situation anzunehmen, so wie sie ist“, fordert Nouri – und seine Tonlage ist etwas anders als sonst. Seine Stimme bebt zwar nicht, klingt aber vehementer: „Du brauchst jetzt diese Tugenden, um dich aus der Situation selbst wieder herauszubringen. Das ist die Geschlossenheit, du musst dich gegenseitig inspirieren und unterstützen. Du musst noch enger zusammenrücken und diesen Kampf annehmen.“
Nouri will sich und seinen Weg nicht ändern
Klingt ein wenig wie aus einem Handbuch für angeschlagene Trainer, etwas umgetextet in die spezielle Nouri-Sprache. Damit konfrontiert, muss der Coach schmunzeln. Er weiß natürlich, dass andere, klarere Aussagen mit erkennbaren Maßnahmen wahrscheinlich besser ankommen würden. Doch dem hält Nouri entgegen: „Es ist nicht nötig, komplett alles umzuwerfen. Es geht um Werte, die man implementiert hat, für die man auch steht – um Prinzipien und Abläufe. Jetzt alles zu hinterfragen, das wäre falsch. Wir müssen uns treu bleiben.“
Nouri will sich und seinen Weg nicht ändern. Auch nicht nach dem ganz schlechten Auftritt gegen Gladbach. Neben dem Ergebnis stimmte diesmal auch die Leistung nicht. In den Partien davor hatten die Bremer wenigstens zeitweise mitgehalten und auch eine gewisse Siegchance besessen. Diesmal nicht. „Wir glauben an uns, wir glauben an die Mannschaft“, betont Nouri.
Von Angsthasenfußball unter seine Regie könne keine Rede sein – schon gar nicht gegen Gladbach. Da hätte er eine aggressive Spielart vorgegeben – mit hohem Pressing. Doch das klappte nicht. „Ich war selbst Spieler und weiß, dass es sich nicht immer so umsetzen lässt, wie man es sich wünscht“, nimmt Nouri seine Spieler in Schutz und fügt kämpferisch an: „Wir haben schon gezeigt, dass wir es können. Da müssen wir ansetzen, uns diese Tugenden vor Augen führen.“
Dafür wird in diesen Tagen viel geredet. Am Morgen nach der 0:2-Pleite gab es eine Mannschaftssitzung. „Die Spieler sind selbstkritisch genug, sie sind unzufrieden. Wir hatten eine Atmosphäre, in der jeder mit dem anderen ehrlich umgegangen ist“, schildert Nouri seinen Eindruck der Zusammenkunft. Damit sich noch mehr ausgetauscht werden kann, will Nouri einen Tag früher als üblich zu seinem vermutlichen Endspiel Richtung Köln reisen.
Da werden Erinnerungen wach. Im vergangenen Februar gab es nach vier Niederlagen am Stück eine ähnliche Situation. Auch damals setze Nouri auf ein Kurz-Trainingslager – und gewann 2:0. Natürlich hat der 38-Jährige diese Geschichte noch im Kopf, doch er will die Maßnahme nicht überbewertet wissen. „Man darf nicht in Aktionismus verfallen. Es ist wichtig, dass man den klaren Blick behält und sinnvolle Dinge macht.“ Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit dem Sportpsychologen Prof. Andreas Marlovits. Doch Nouri möchte auch dieses Thema lieber klein halten. „Er ist Bestandteil unseres Teams. Er arbeitet mit vielen Spielern und wird seine normale Arbeit wie bisher machen.“ Soll bloß keiner denken, Werder bräuchte nun fremde Hilfe.
„Angst ist der falsche Ratgeber“
Für Nouri selbst gilt das schon mal gar nicht. „Ich brauche den Kopf nicht frei zu kriegen. Natürlich hätte ich gerne eine andere Situation, aber ich stelle mich jetzt dieser Situation“, sagt er – und Angst um seinen Job macht er sich schon mal gar nicht: „Angst ist der falsche Ratgeber. Angst gibt es in anderen Lebenssituation. Der Stachel der Enttäuschung sitzt definitiv tief. Aber es geht jetzt darum, sich wieder aufzurichten.“
In Einzelheiten geht Nouri dabei nicht. Ohnehin bleibt er lieber allgemein. Das gilt für alle Pläne für die nächsten Tage. „Ich rolle jetzt nicht die Strategie Richtung Köln aus“, sagt er. Nur so viel: „Es geht darum, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, um erfolgreich zu sein.“ Klappt das nicht, dann ist allerdings auch die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass es mit Nouri nicht weitergeht. Angesprochen auf diese Diskussion reagiert der Coach nicht ungehalten oder empört, sondern höflich wie immer: „Das gehört doch dazu.“