Klaus-Dieter Fischer (Ehrenpräsident und ehemaliger Geschäftsführer)
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Wo die Weser einen Bogen macht, nicht weit entfernt vom Weserstadion, gab Werders Ehrenpräsident Klaus-Dieter Fischer der DeichStube ein Interview.

„Hätten das Geld für neuen Stürmer nutzen können“

Torwartwechsel für Fischer unnötig

Bremen - Klaus-Dieter Fischer war schon immer einer, der den Finger auch mal in die Wunde legt. „Als ich noch im Amt war, musste ich mich in den Medien aber etwas zurücknehmen“, sagt der 76-Jährige.

Aber jetzt, als Ehrenpräsident, nimmt er sich ganz bewusst das Recht heraus, Dinge, die ihm nicht so passen, öffentlich anzusprechen. Zum Beispiel Werders letztlich zu mutlosen Auftritt gegen Hoffenheim oder die Verpflichtung des neuen Keepers Jiri Pavlenka für eine Ablösesumme von drei Millionen Euro. Im Interview mit der DeichStube spricht der ehemalige Geschäftsführer und Präsident des Clubs auch über die „verdammte Serie“ gegen den nächsten Gegner FC Bayern (Samstag, 15.30 Uhr, Weserstadion) und die Zukunft seines SV Werder: „Im heutigen Fußball-Geschäft kann man nichts mehr ausschließen.“

Herr Fischer, in den vergangenen Jahren gab es gegen die Bayern immer was auf die Mütze. Haben Sie als Ehrenpräsident überhaupt noch Lust auf Spiele gegen den Rekordmeister?

Klaus-Dieter Fischer: Ja, weil ich immer hoffe, dass diese verdammte Serie endlich reißt. Nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeit ist Werder einfach mal wieder dran.

Ist das nur Hoffnung?

Fischer: Ja. Aber wenn unsere Mannschaft nicht wie gegen Hoffenheim nur in einigen Phasen, sondern das ganze Spiel mutig ist, dann haben wir eine Chance.

War Ihnen der Bremer Auftritt gegen Hoffenheim zu zaghaft?

Fischer: Ich hätte mir in der zweiten Halbzeit mehr Mut gewünscht. Als Hoffenheim in der zweiten Halbzeit Druck gemacht hat, haben wir die Abwehr verstärkt und dadurch gar keine Entlastung mehr bekommen. Dann fängt man sich fast zwangsläufig ein Gegentor. Außerdem haben wir uns mit den defensiven Wechseln die Chance genommen, am Ende noch einen Stürmer zu bringen.

Moment, in Aron Johannsson wurde doch nach dem Rückstand ein Stürmer eingewechselt.

Fischer: Der den Verein verlassen soll und einen neuen Club sucht. Von ihm konnte man nicht wirklich den Ausgleich erwarten.

Ist Trainer Alexander Nouri nicht mutig genug?

Fischer: Doch, aber in diesem Spiel hat ihm das Unentschieden gereicht. Wenn es klappt, ist es okay. Wenn nicht, muss er sich Kritik gefallen lassen.

Vertrauen Sie Nouri?

Fischer: Ja, weil er eine Vielzahl von Ideen hat. Er ist kreativ. Ich kenne ihn ja schon als Jugendspieler bei Werder. Aber er muss mit den Rahmenbedingungen bei Werder zurechtkommen – und das ist nicht so leicht. Das sieht man ja auch bei Frank Baumann. Er macht als Sportchef einen phantastischen Job, ihm fehlen aber die finanziellen Mittel, um seine Ideen noch besser umsetzen zu können.

Ist Werder nicht mehr wettbewerbsfähig?

Fischer: Das ist mir zu hart formuliert. Der Wettbewerb geht in der Bundesliga von Platz eins bis 18. Wir können zum Beispiel nicht mit Bayern, Dortmund, Leipzig und Hoffenheim mithalten. Aber wir haben das Potenzial, um einen guten Mittelfeldplatz zu belegen.

Sie haben Frank Baumann für seine Arbeit als Sportchef gelobt, aber den gewünschten Stürmer hat er noch nicht verpflichtet.

Fischer: Das ist richtig. Aber er lässt sich nicht treiben. Das gefällt mir. Bei unseren beschränkten Möglichkeiten dauert die Suche nach einem passenden Stürmer eben etwas länger – in der Hoffnung, dass die hochgepeitschten Ablösesummen am Ende der Transferperiode etwas sinken. Frank macht das gut, aber natürlich gehören auch Fehler dazu. Er ist ja erst ein Jahr in diesem Job.

DeichStuben-Redakteur Björn Knips im Interview mit Klaus-Dieter Fischer (re.) im Bootshaus am Weserbogen.

Welche Fehler meinen Sie?

Fischer: Das absolute Bekenntnis zu Viktor Skripnik nach dem Bayern-Spiel vor einem Jahr ging zu weit. Das weiß Frank. Was ich nicht verstanden habe, ist der Torwartwechsel. Da schließe ich auch Alexander Nouri mit ein. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, einen neuen Torwart mit einer Ablösesumme zu holen, von dem ich nicht weiß, ob er besser ist als Felix Wiedwald. Ich gehe davon aus, dass er genauso stark ist. Aber dann hätten wir uns das Geld auch sparen und für einen neuen Stürmer nutzen können.

Man hätte auch Claudio Pizarro als Stürmer behalten können.

Fischer: Nein, diese Entscheidung war richtig. Claudio ist zwar eine Ikone bei Werder, aber mit bald 39 Jahren am Ende seiner Karriere. Er hätte uns auf dem Platz nicht mehr wirklich geholfen.

Dafür hat Werder nun Yuning Zhang als Stürmer im Kader. Eine Geschichte, die an die Formel 1 erinnert, wo sich Fahrer mithilfe von Sponsoren quasi ins Cockpit kaufen. Was halten Sie davon?

Fischer: Wenn ein Spieler kommt und uns einen neuen Markt eröffnet, dann halte ich das für einen gangbaren Weg, den man nutzen sollte. Doch das sollte man nicht übertreiben.

Sehen Sie große Chancen für Werder in China?

Fischer: Ich finde es gut, dass man Kooperationen eingeht, gemeinsam vor Ort etwas aufbauen will – wie diese Fußballschulen. So etwas hatten wir vor zehn Jahren auch mal mit Katar vor, das ist dann aber gescheitert. Meine Erfahrung mit China ist, dass dort sehr oft und schnell die Verantwortlichen wechseln. Dadurch hat vieles nicht funktioniert. Nun scheint es anders zu sein. So kann man dort durchaus seinen Markt finden, ob es ein großer Markt wird, weiß ich nicht. Und wollen wir überhaupt einen Investor aus China? Ich denke nicht.

Zurück zum Spiel gegen die Bayern: Ist der Rekordmeister nicht zu stark für die Bundesliga?

Fischer: Sie sind sicherlich die Übermacht. Aber was soll man machen? Eine Europa-Liga gründen? Das würde für den Fußball in Deutschland nicht gut sein. Man muss einfach mit diesen übermächtigen Bayern leben und hoffen, dass es Clubs schaffen, konkurrenzfähig zu sein. Wirklich einholen kann die Bayern nur ein Club: RB Leipzig. Wenn es bei denen finanziell kneift, springt Dietrich Mateschitz ein und zahlt. Das tut dem Fußball nicht gut.

Sollte das verboten werden?

Fischer: Das geht nicht mehr.

Würde Werder denn Nein sagen, wenn so ein Geldgeber kommt?

Fischer: Das müsste der Verein entscheiden. Es kommt sicherlich auch darauf an, welchen Einfluss dieser Geldgeber dann nehmen will. Im heutigen Fußball-Geschäft kann man nichts mehr ausschließen. Ich hoffe aber, dass der SV Werder immer der SV Werder bleibt – ein Verein und eben nicht Red Bull oder VW.

Früher gab es immer Sticheleien vor den Spielen gegen die Bayern, jetzt nicht mehr. Ist das nicht langweilig?

Fischer: Warum sollen wir sticheln, wenn selbst ein Willi Lemke seine Stacheln eingezogen hat? Die Bayern sind zu weit weg. Es macht doch nur Spaß, sich mit jemandem zu fetzen, wenn man auf Augenhöhe ist.

Kann Werder die Bayern irgendwann noch mal einholen?

Fischer: Nein.

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