Bremen – Frank Baumann wusste, dass die Frage kommen wird. Schließlich hatte der SV Werder gerade die Verpflichtung von Niclas Füllkrug bekannt gegeben, der nach seinem dritten Knorpelschaden seit Mitte Dezember nicht mehr für Hannover 96 auflaufen konnte.
„Niclas wird topfit sein, wenn er zu uns kommt“, versprach Baumann im Gespräch mit der DeichStube und betonte: „Natürlich haben wir ihn untersucht. Es besteht kein Risiko, dass weitere Schäden folgen. Ganz ausschließen kann man das allerdings nie. Aber seine Knie sehen für einen 26-Jährigen sehr, sehr gut aus.“
Normalerweise äußert sich Baumann nicht so ausführlich zum Gesundheitszustand seiner Spieler. Aber im Fall Füllkrug, dem ersten Sommer-Transfer, erscheint es dem Sportchef durchaus notwendig, um die Skeptiker zu beruhigen. Immerhin zahlt Werder nach Informationen der DeichStube eine Ablösesumme von 6,3 Millionen Euro. 500.000 Euro können noch dazu kommen, wenn Werder mit Füllkrug besonders erfolgreich ist. Der Angreifer hat dem Vernehmen nach einen Dreijahres-Vertrag unterschrieben mit einer Option auf eine weitere Saison. So schlecht wird er in Bremen auch nicht verdienen, womit das finanzielle Gesamtpaket nicht gerade klein ist. Trotzdem spricht Baumann von „einer günstigen Gelegenheit“.
Niclas Füllkrug: Seine Karriere in Bildern




Vor einem Jahr wäre Füllkrug nach seinen 14 Saisontoren noch unbezahlbar für Werder gewesen. Damals bot Borussia Mönchengladbach 18 Millionen Euro für den Angreifer, blitzte aber bei 96-Boss Martin Kind ab. Der gönnte dem Hannoveraner lieber eine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2022 – und verzockte sich schließlich. Denn nach der schweren Knieverletzung des Torjägers Mitte Dezember und dadurch nur zwei Treffern in 13 Spielen ist der Marktwert von Füllkrug eingebrochen.
Die vertraglich festgeschriebene Ablösesumme von zwölf Millionen Euro war absolut utopisch, selbst die von 96 gewünschten acht Millionen Euro ließen sich nicht realisieren. Baumann drückte den Preis und profitierte dabei auch davon, dass Hannover nach dem fast sicheren Abstieg in die Zweite Liga dringend Geld benötigt, um die Lizenz zu bekommen.
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Kohfeldt und Füllkrug kennen sich schon lange
Schon länger ist Werder an Füllkrug dran. Dabei kommt den Bremern auch das gute Verhältnis zwischen Chefcoach Florian Kohfeldt und Füllkrug zugute. „Ich kenne Niclas bereits seit der Jugend und weiß um seine Qualitäten vor dem Tor. Er ist ein sehr kopfballstarker Angreifer, der vor allem im Strafraum seine Stärken ausspielen kann“, berichtete Kohfeldt.
2006 war Füllkrug von den Sportfreunden Ricklingen an die Weser gewechselt. 2012 feierte er unter Trainer Thomas Schaaf sein Bundesliga-Debüt, erzielte in 23 Spielen zwei Tore. Im Bremer Starensemble konnte sich der junge Stürmer mit der Zahnlücke, weswegen er nur „Lücke“ genannt wird, nicht durchsetzen. 2013 wurde er an Zweitligist Greuther Fürth ausgeliehen, 2014 an den 1. FC Nürnberg verkauft.
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2016 hätte ihn Werder dank einer Rückkaufoption für eine geschätzte Ablösesumme von 1,8 Millionen Euro zurückholen können, verzichtete aber. „Es passte damals einfach nicht“, sagte Baumann: „Es war eine turbulente Zeit.“ Er hatte gerade erst von Thomas Eichin den Posten des Sportchefs übernommen. „Wir haben in unserem Kader andere Prioritäten gesetzt“, meinte Baumann und verwies auf die späteren Verpflichtungen von Max Kruse und Serge Gnabry. Füllkrug wechselte zu Hannover 96, startete dort durch – und wird nun doch wieder Bremer.
„Ich bin mega glücklich. Endlich hat sich eine Konstellation ergeben, dass mit Werder alles passt. Ich freue mich riesig, zurückzukehren und bald wieder im Weserstadion aufzulaufen“, schwärmte Füllkrug in einem Interview auf der Vereinshomepage und verriet: „Ich muss sagen, dass Florian Kohfeldt ein Grund war, dass ich unbedingt hierher wollte. Es ist schon verrückt, dass er mein U14-Trainer war und wir uns zwölf Jahre später in der Bundesliga wiedertreffen.“ Füllkrug kommt aber nicht als das Talent zurück, sondern stellte zufrieden fest: „Persönlich bin ich erwachsener geworden. Ich bekomme im August ein Kind und freue mich auf meine kleine Familie. Ich glaube, ich bin gereift.“
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Füllkrug-Transfer ohne Einfluss auf Pizarro-Zukunft
Und darauf setzt auch Baumann: „Niclas hat jetzt die nötige Erfahrung, verhält sich als Stürmer ganz anders unter Druck.“ So einen Typen Mittelstürmer habe man dringend gesucht. „Diese Dynamik, dieser Zug zum Tor, diese Präsenz im Kopfballspiel können wir gut gebrauchen.“
Auf die Zukunft von Claudio Pizarro bei Werder soll die Verpflichtung von Füllkrug keinen Einfluss haben, betonte Baumann. Obwohl es im Angriff ganz schön eng wird. Für Aron Johannsson dürfte die Werder-Zeit dagegen mit Auslaufen seines Vertrags im Sommer enden. Er war vor vier Jahren als verletzungsanfälliger Spieler an die Weser gewechselt – und galt damit als Risikotransfer. Einen Vergleich mit Füllkrug lehnte Baumann nun kategorisch ab. „Das ist für beide Spieler nicht fair“, sagte der Sportchef: „Wir sind fest davon überzeugt, dass die besten Jahre von Niclas jetzt bei uns kommen werden.“