Werder Bremens Niederlage gegen RB Leipzig in der Taktik-Analyse von Tobias Escher.
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Werder Bremens Niederlage gegen RB Leipzig in der Taktik-Analyse von Tobias Escher.

Werder verliert gegen Leipzig

Viel Aufwand, wenig Ertrag: Leipzigs Bank machte gegen Werder den Unterschied - die Taktik-Analyse

75 Minuten gut verteidigt, dann ging die Puste aus. Werder Bremen bleibt auch gegen RB Leipzig ohne Punkt. Taktik-Kolumnist Tobias Escher lobt trotzdem Werders Mischung aus Mann- und Raumdeckung. Die Wechsel haben Werder am Ende um den verdienten Lohn gebracht.

Es ist kein Geheimnis, dass Werders Defensive die Schwachstelle des Teams darstellt. Die Bremer schossen mit 50 Toren die achtmeisten Treffer der Liga, liegen mit ihren 62 Gegentoren aber auf dem viertletzten Rang. Noch düsterer sieht die Statistik aus, betrachtet man nur das Kalenderjahr 2023: Hier liegt Werder Bremen mit 35 Gegentoren auf dem vorletzten Rang. Ausgerechnet gegen Leipzig zeigte Werder nun eine der besten Defensivleistungen der Saison. In der Schlussviertelstunde verloren die Bremer jedoch die Ordnung.

RB Leipzig macht das Spiel, Werder Bremen verteidigt: Die Taktik-Analyse zum Spiel

Die Rollen zwischen RB Leipzig und Werder Bremen waren klar verteilt. Werder baute das 5-3-2-System in der eigenen Hälfte auf. Auch die beiden Stürmer Romano Schmid und Marvin Ducksch zogen sich hinter die Mittellinie zurück. Die Grün-Weißen waren darauf bedacht, den Raum im Zentrum zu schließen. Zugleich sollte Leipzig keine Möglichkeit bekommen, den Ball in die Tiefe zu spielen und somit Tempo aufzunehmen.

RB Leipzigs Trainer Marco Rose stellte seine Mannschaft in einem 4-2-2-2-System auf. Der Unterschied zum klassischen 4-4-2 findet sich in den Rollen der Außenstürmer: Emil Forsberg und Dominik Szoboszlai agierten in den Halbräumen und nicht auf den Flügeln. Leipzig hat somit mehr Präsenz im zentralen Bereich. Für die Breite sollen die Außenverteidiger sorgen.

Werder Bremen schien gut vorbereitet auf das Spielsystem von RB Leipzig. Gruev orientierte sich auf der Bremer halblinken Seite zu Szoboszlai. Seine Vordermänner Leonardo Bittencourt und Jens Stage deckten wiederum die Doppelsechs der Leipziger. Den freistehenden Forsberg bewachte die Bremer Fünferkette. Bekam dieser den Ball, rückten wahlweise Niklas Stark oder Milos Veljkovic heraus. So konnten die Leipziger sich nie mit dem Ball am Fuß in Richtung Tor drehen.

Werder Bremen gegen RB Leipzig in der Taktik-Analyse: Kaum Bremer Konter

Werder Bremen verstand es, in den richtigen Momenten zwischen Raum- und Manndeckung zu wechseln. Solange die Leipziger das Spiel aus der eigenen Hälfte aufbauten, schlossen die drei Mittelfeldspieler zusammen mit den Stürmern die Passwege ins Zentrum. War der Ball in der Bremer Hälfte angelangt, gingen sie zu den gewohnten Mannorientierungen über. Gerade Szoboszlai hatte große Mühe, ins Spiel zu finden. RB Leipzig fand in der Anfangsphase kaum ein Mittel gegen die kompakte Defensive der Bremer.

Offensiv traten die Bremer nach der Anfangsviertelstunde kaum mehr in Erscheinung. In dieser Phase hatten sie noch einige Angriffe über die Flügel fahren können. Nachdem RB Leipzig sich sortiert hatte, kam Werder Bremen aber kaum mehr am Leipziger Pressing vorbei. Die Leipziger lenkten den Bremer Spielaufbau nach außen. Dort übten sie sofort Druck aus.

Werder Bremen fehlte in der ersten Halbzeit die Möglichkeit, den Ball lang zu schlagen. Weder Schmid noch Ducksch wussten sich gegen die robuste Innenverteidigung der Gastgeber durchzusetzen. Werders Versuch, Chipbälle in den Raum vor Leipzigs Abwehr zu spielen, ging indes schief: Leipzig fing diese ab und setzte sofort zu Kontern an. Die besten Gelegenheiten hatte RB Leipzig nach schnellen Gegenstößen.

RB Leipzig müht sich gegen Werder Bremen: Die Taktik-Analyse zur Niederlage

Aus dem Spiel heraus gelang RB Leipzig ebenfalls wenig. Im Verlaufe der ersten Halbzeit versuchten sie, häufiger über die linke Seite anzugreifen. Forsberg rückte vor und öffnete damit eine Lücke für Verlagerungen. Timo Werner ließ sich in diesen Raum fallen, ihm gelangen jedoch nur selten Vorlagen für seine Teamkameraden.

Nach der Pause passte Leipzig das eigene Spiel an. Werner wechselte auf die halbrechte Seite, Christopher Nkunku ging nach links. Doch auch Werder Bremen passte sich besser an Leipzigs Angriffe an. Mitchell Weiser rückte früher raus, auch Veljkovic zeigte sich bissiger. Sie standen Nkunku auf den Füßen, sobald dieser den Ball bekam.

Auch im Spiel nach vorne setzten die Bremer nun vermehrt Akzente. Schon nach dem Ballgewinn versuchten sie, sofort eine diagonale Verlagerung zu spielen. Damit wollten sie die weit auf einen Flügel rückenden Leipziger knacken. In der 65. Minute hätte dies beinahe funktioniert, Ducksch vergab die größte Bremer Chance. Danach wurde es wild: Erst konterte RB Leipzig Werder Bremen aus. Nachdem das Tor nach einem Videobeweis annulliert wurde, zeigte sich Werder hellwach. Nach einem Einwurf erzielte Bittencourt die Führung (70.).

Die Grafik zeigt Werder Bremens Verhalten in der Defensive. Im Mittelfeld agierten die Bremer gewohnt mannorientiert, auch wenn sie RB Leipzigs Ballbesitz häufig ein raumorientiertes 5-3-2 entgegenhielten. Den freien Forsberg auf der halblinken Leipziger Seite deckten Stark und Veljkovic. Sie schossen rechtzeitig heraus, um Drück auszuüben.

Die Pleite in der Taktik-Analyse: Werder Bremen hält RB Leipzigs Druck nicht stand

Die Führung von Werder Bremen wirbelte das Spiel durcheinander. RB Leipzig agierte fortan merklich offensiver. Rose brachte mit Yussuf Poulsen einen Strafraumstürmer. Auch die Außenverteidiger der Leipziger hielt nichts mehr hinten. Leipzig griff nun bewusst über den Flügel an und schlug vermehrt Flanken. Acht ihrer insgesamt 16 Flanken schlugen sie in den finalen zehn Minuten.

Werder Bremen hatte in dieser Phase mit den eigenen Wechseln zu kämpfen. Werner musste nach und nach sämtliche Offensivspieler herausnehmen. Sie mussten dem hohen Einsatz im Spiel gegen den Ball Tribut zollen. Werder brauchte einige Minuten, ehe sie sich im neu besetzten 5-3-2 zurechtfanden. So wechselte Romano Schmid kurzzeitig ins zentrale Mittelfeld, der eingewechselte Niklas Schmidt musste auf der Sechs aushelfen.

In der Taktik-Analyse: Werder Bremen hält lange mit, verliert aber durch zwei späte Tore gegen RB Leipzig

RB Leipzig nutzte die Unordnung, um den Druck zu erhöhen. Selbst ihre Verteidiger hielt nichts mehr hinten. Innenverteidiger Willy Orban erzielte den Ausgleichstreffer (87.). Leipzig griff nun mit acht Mann an. Danach entstand ein offener Schlagabtausch, bei dem auch Werder Bremen große Räume zum Kontern vorfand. Doch Nkunkus Solo in der 96. Minute hatten die Bremer Abwehrspieler nichts mehr entgegenzusetzen.

So konnte sich Werder Bremen am Ende nicht für eine engagierte Defensivleistung belohnen. In den ersten 75 Minuten ließ Werder Torchancen zu, die einen Expected-Goals-Wert von 0,44 hatten – ein herausragender Wert gegen eine individuell überlegene Mannschaft wie Leipzig. In der Schlussviertelstunde lag Leipzigs Wert bei 1,36 Expected Goals. Werder musste dem hohen Einsatz Tribut zollen – und verlor so am Ende erneut ein Spiel gegen ein Spitzenteam.

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