BVB-Legende Roman Weidenfeller spricht im DeichStube-Interview über Werder  Bremen, Torwart Jiri Pavlenka und den Aufschwung von Borussia Dortmund.
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BVB-Legende Roman Weidenfeller spricht im DeichStube-Interview über Werder Bremen, Torwart Jiri Pavlenka und den Aufschwung von Borussia Dortmund.

Ex-Profi vor BVB-Spiel gegen Werder

BVB-Legende Roman Weidenfeller über Werder-Keeper Pavlenka: „Nicht jeder muss das Torwartspiel wie Neuer interpretieren“

Bei Borussia Dortmund ist Roman Weidenfeller eine Legende. Vor dem Auswärtsspiel seines BVB beim SV Werder Bremen schwärmt der frühere Torwart im DeichStube-Interview von Werder Bremen, spricht über die jüngsten Patzer von Keeper Jiri Pavlenka und den Aufschwung der Schwarz-Gelben.

Bremen – Er ist eine Legende bei Borussia Dortmund: Roman Weidenfeller. Der Weltmeister von 2014 hat nicht nur lange Jahre erfolgreich für Borussia Dortmund gespielt, sondern arbeitet inzwischen auch als Markenbotschafter für seinen Herzensclub. Der 42-Jährige freut sich auf das bevorstehende Duell des SV Werder Bremen mit seinem BVB am Samstag (15.30 Uhr im DeichStube-Liveticker) im Wohninvest Weserstadion. Im Interview mit der DeichStube lobt Weidenfeller die Entwicklung an der Weser, schwärmt von Werder und Clemens Fritz und spricht über die jüngsten Patzer von Jiri Pavlenka und den Aufschwung des BVB.

Endlich wieder ein Titelkampf in der Bundesliga. Ist es nur eine Momentaufnahme zu Beginn der Rückserie oder bleibt es bis zum Ende spannend, Roman Weidenfeller?

Ich würde es mir wünschen, dass es bis in die Schlussphase der Saison so bleibt. Wir wünschen uns das doch alle, dass nach den letzten zehn Jahren der Eintönigkeit wieder mehr Spannung und Dramatik aufkommt. Wir freuen uns, dass es an der Tabellenspitze so eng ist und einige Mannschaften die Möglichkeit haben, Deutscher Meister zu werden.

Wer hat die größten Chancen, die Bayern vom Thron zu stoßen?

Ich vermute, die altbekannten Clubs: Natürlich Borussia Dortmund, aber auch RB Leipzig. Aller Ehren wert ist die Leistung von Union Berlin. Doch auch wenn sie nun einmal über Nacht Tabellenführer waren, glaube ich nicht, dass Union ein ernsthaftes Wort mitspricht. Große Wertschätzung empfinde ich auch bei Teams wie Freiburg und Frankfurt.

Roman Weidenfeller vor Werder Bremen gegen Borussia Dortmund: „BVB hat bisher eine tolle Serie nach dem WM-Break hingelegt“

Wie bewerten Sie die Lage beim BVB?

Der BVB hat bisher eine tolle Serie nach dem WM-Break hingelegt: vier Spiele, vier Siege. Das ist ein Statement, das auch von den Bayern registriert worden ist. Nun folgen einige englische Wochen, die Doppel- und Dreifachbelastung stellt noch mal andere Herausforderungen. Die Borussia muss versuchen, im Flow zu bleiben.

Zwischenzeitlich war der der anfangs gefeierte Edin Terzic sogar in die Kritik geraten. Wie sehen Sie den BVB-Trainer?

Edin arbeitet gewissenhaft, ist sehr feinfühlig, hat ein gutes Gespür für die jeweiligen Situationen. Aus persönlichen Gesprächen weiß ich auch, dass er mit der Hinrunde keineswegs zufrieden gewesen ist - wie alle in Dortmund. Sechster Tabellenplatz zu Weihnachten - das ist nicht der Anspruch von Borussia Dortmund. In den letzten Spielen ist eine klare Steigerung zu erkennen. Auch dank der Arbeit von Edin Terzic, dessen Handschrift zu erkennen ist. 

Entscheidenden Anteil am Erfolg der Borussia hat Jude Bellingham. Kann Borussia diesen Ausnahmespieler halten?

Sebastian Kehl hat es richtig gesagt. Abwarten, weil es noch kein Angebot gibt. Wir wissen alle um seine Qualitäten, er ist ein toller Einzelspieler, der sich jedoch auch exzellent ins Team einfügt. Mit seinem Ehrgeiz und seinem Engagement marschiert er vorneweg. Jude Bellingham ist ein absoluter Leader, obwohl er noch so jung ist. Alle Fußballfreunde, nicht nur die Verantwortlichen in Dortmund, können froh sein, dass er in der Bundesliga spielt. 

Roman Weidenfeller vor Werder Bremen gegen Borussia Dortmund: „Julian Brandt präsentiert sich in bestechender Form“

Aufhorchen lässt auch ein gebürtiger Bremer. Julian Brandt zeigt nun seine Klasse, was lange Zeit nicht der Fall gewesen ist.

Nicht nur wegen des Treffers gegen Freiburg, Julian präsentiert sich momentan in bestechender Form. Es zeigt sich, dass er sich nun richtig wohlfühlt. Möglicherweise ist das auch ein Verdienst von Edin Terzic, den eine besondere Ansprache zu einzelnen Spielern auszeichnet. Julian Brandt ist wichtig für die Truppe - mit seiner Erfahrung als Nationalspieler und WM-Fahrer. Nun zahlt sich aus, dass Dortmund ihn einst aus Leverkusen losgeeist hat. Jetzt beweist er seinen Wert für die Mannschaft.

In ähnlicher Form präsentiert sich der lange Zeit gerüffelte Neuzugang Karim Adeyemi, der nun wegen seiner fünften Gelben Karte im Spiel bei Werder Bremen gesperrt fehlt. Wie sehen Sie seine Entwicklung?

Er ist noch ein junger Spieler, dem man eine Zeit der Eingewöhnung zugestehen muss. In Österreich wird nun mal anders gespielt als in der Bundesliga. Gute Ansätze hat er schon bewiesen, gerade im Spiel gegen die Bayern, als er entscheidend dafür war, dass die Wende zum 2:2 nach unserem Rückstand kam. Seine großartigen Fähigkeiten zeigt er nun. Immer aggressiv, immer voller Engagement, wobei er sein Temperament noch etwas zügeln muss.

Zuletzt hat Adeyemi auf der linken Seite gespielt. Ist es allein der Positionswechsel?

Es könnte sein, dass er sich auf links wohler fühlt. Doch ich glaube, viel entscheidender ist, dass er nun in Dortmund angekommen ist nach einem halben Jahr. Mit seiner Schnelligkeit und seinem trickreichen Spiel ist er ein Gewinn, er kann auf Dauer die Mannschaft besser machen.

Ein noch größeres Ereignis als die Dortmunder Siegesserie ist das erfolgreiche Comeback von Sebastien Haller nach dessen Krebsdiagnose.

Ich freue mich total für Sebastien, dass er zurück auf dem Rasen ist. Die Freude des gesamten Stadions war schon sehr beeindruckend, als er sein Tor gegen Freiburg erzielt hat. Dazu noch am Internationalen Weltkrebstag, bei dem der BVB das Heimspiel gegen den SC Freiburg genutzt hat, um auf die Früherkennung und Behandlung von Hodenkrebs aufmerksam zu machen. Eine unglaubliche Story mit einem Happy End. Ich finde, dass Sebastien Haller sofort nach seiner Diagnose unheimlich stark und positiv geblieben ist. Ich erkenne seinen Wert für die Mannschaft. Seitdem er auf dem Feld steht, hinterlässt die Mannschaft einen gefestigten Eindruck und vor allem einen Anspielpunkt im Sturmzentrum.

Roman Weidenfeller vor Werder Bremen gegen Borussia Dortmund: „Mats Hummels ist weiterhin eine der Säulen des BVB“

Was ist mit Mats Hummels los, der augenblicklich meist nur auf der Bank sitzt, zuletzt im DFB-Pokal gegen Bochum immerhin von Beginn an spielte?

Zuletzt stand er in der Bundesliga nicht in der Startelf. Doch das mindert seinen Stellenwert nicht. Mats ist wichtig für das Team, weiterhin eine der Säulen des BVB.

Gilt das auch für Marco Reus, der nach seiner erneut schweren Verletzung gerade zurückgekehrt ist?

Sicherlich, bei seinen Einsätzen gegen Freiburg und im Pokal in Bochum hat er sofort seine Qualitäten gezeigt. Seine individuelle Klasse ist unbestritten. Gut, dass er nun wieder zur Verfügung steht. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Kader wieder komplett. Dies könnte für den Rest der Spielzeit vorteilhaft sein.

Zu Werder: Ist Bremen mittlerweile zum Angstgegner Dortmunds geworden?

Stimmt, zuletzt haben sich die Resultate gegen Werder aus Sicht der Borussia nicht wirklich eingestellt. Früher, als ich noch gespielt habe, war das anders. Auch bei Auswärtsspielen in Bremen hatten wir nur selten Probleme.

So sehen Fans das Bundesliga-Spiel von Werder Bremen gegen Borussia Dortmund live im TV und im Livestream!

BVB-Legende Roman Weidenfeller: „Es ist lobenswert, wie die Verantwortlichen Werder Bremen wieder auf Kurs gebracht haben“

Beeindruckt Sie die Vorstellung der Bremer als Aufsteiger?

Es ist lobenswert, wie die Bremer Verantwortlichen nach dem Abstieg den Club wieder auf Kurs gebracht haben. Frank Baumann macht einen guten Job gemeinsam mit Clemens Fritz. Clemens und ich kennen uns sehr gut aus gemeinsamen Tagen in der Nationalelf, sind ein Alter. Es freut mich, wie gut sich Clemens positioniert hat und als Sportdirektor beigetragen hat, Werder im Kollektiv mit Geschäftsführer Baumann und dem Trainer Ole Werner wieder auf die Beine zu helfen.

Kennen Sie Ole Werner näher?

Nein, doch ich verfolge ihn und registriere seine Arbeit, die schon in Kiel sehr auffällig gewesen ist.

Hat Werder Bremen das Zwischentief mit vier Niederlagen in Serie überwunden?

Werder befindet sich wieder im Aufwind. Der Erfolg gegen starke Wolfsburger war bemerkenswert, der Sieg in Stuttgart ebenfalls zu beachten. Die Punktgewinne waren enorm wichtig, so dass Bremen wieder beruhigenden Sicherheitsabstand zum unteren Drittel hergestellt hat. Die Mannschaft wird am Ende einen Platz im gesicherten Mittelfeld verbuchen.

Roman Weidenfeller vor Werder Bremen gegen Borussia Dortmund: „Jiri Pavlenka ist ein ausgezeichneter Torwart“

Ein Thema an der Weser ist Jiri Pavlenka. Ein Keeper, der mit der Hand super ist, mit dem Fuß dagegen weniger. Was sagen Sie als früherer Klassetorwart zu seinen Aussetzern?

Der Junge ist alt genug, erfahren genug. Ein ausgezeichneter Torwart, der auch schon kleinere Tiefs in Bremen überwunden hat. Ich fand es vorbildlich, dass er nach dem Abstieg geblieben ist. Er sollte sich auf das Wesentliche besinnen, das einen Torhüter ausmachen muss. Allgemein finde ich, dass neuerdings zu sehr der Fokus auf das Spielerische bei den Torhütern ausgerichtet wird. In erster Linie ist ein Keeper immer noch dazu da, die Bälle zu halten - und so für Sicherheit zu sorgen. Nicht jeder muss das Torwartspiel wie Manuel Neuer oder Marc-Andre ter Stegen interpretieren.

Stichwort Neuer: In Brasilien standen Sie mit ihm gemeinsam im Kader des Weltmeisters. Wie bewerten Sie die jüngsten Ereignisse?

Alles begann mit dem Skiunfall, keine einfache Situation sowohl für Manuel als auch für die Bayern, die einen neuen Torwart holen mussten, was im Winter nicht so leicht ist. Manuel hatte zuletzt einige Verletzungen, natürlich tickt auch bei ihm die biologische Uhr. Ich wünsche ihm, dass er topfit zurückkommt und an seine früheren Leistungen anknüpfen kann. Warum er nun so vehement an die Öffentlichkeit gegangen ist, kann ich nicht beurteilen. Doch ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig der Torwarttrainer ist. Eine absolute Vertrauensperson für jeden Torwart, nicht nur sportlich. Alle Klassetorhüter hatten und haben eine sehr enge Beziehung zu ihrem Spezialtrainer. Beispiele: Sepp Maier bei Oli Kahn, Teddy de Beer mit mir, Gerry Ehrmann für die gesamte Lauterer Torwartschule mit Tim Wiese und Kevin Trapp, Uwe Kamps in Gladbach mit ter Stegen. Also ist völlig normal, dass Manuel Neuer irritiert war, als sein Vertrauter Toni Tapalovic gehen musste. Egal, was vorgefallen ist, fest steht, dass es nicht zur Ruhe bei den Bayern beigetragen hat. (hgk)

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