Werder verliert gegen Frankfurt
Taktik-Analyse: Zu harmlos - Warum Werder Bremen gegen Eintracht Frankfurt offensiv die Durchschlagskraft fehlte
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Frankfurt - Nicht noch einmal vier Gegentore kassieren wie im Hinspiel, schrie der Matchplan von Werder Bremen. Die vermeintliche defensive Stabilität ging jedoch ganz auf Kosten der offensiven Durchschlagskraft. Das lag auch an einem starken Gegner, meint unser Taktikanalyst Tobias Escher.
Als Werder Bremen im August des vergangenen Jahres Eintracht Frankfurt im Weserstadion empfing, bekamen die Zuschauer ein Spektakel zu sehen. Sieben Tore durften die Fans beim 3:4 bestaunen. Punkte gab es für Werder jedoch keine. Vor dem Rückspiel im Frankfurter Deutsche-Bank-Park war das Bremer Trainerteam gewillt, auf keinen Fall erneut ein Spektakel zu bieten. Werder-Coach Ole Werner setzte auf defensive Stabilität, fand aber keine Lösungen gegen die Frankfurter Defensive.
Umsichtiger Spielaufbau: Die Taktik-Analyse zu Werder Bremens Niederlage gegen Eintracht Frankfurt
Mit Leonardo Bittencourt und Mitchell Weiser musste Werner gleich zwei Leistungsträger ersetzen. Das taktische System stellte er indes nicht um. Romano Schmid übernahm den Posten als rechter Außenverteidiger im bekannten 5-3-2. Ähnlich wie Stammspieler Weiser rückte auch Schmid weit nach vorne, sodass er zeitweise als verkappter Rechtsaußen fungierte. Auch wenn Werder Bremen defensiv dem alten 5-3-2 treu blieb, passte Werner seine Mannschaft in kleinen Details an den Gegner an. Eintracht Frankfurt ist in der Bundesliga gefürchtet für ihr hohes Tempo. Wer in der Abwehr Lücken lässt, wird vom Frankfurter Dreiersturm überrollt. Die Frankfurter setzen im eigenen 3-4-3-System auf schnelle, flache Kombinationen.
Werder Bremen agierte etwas risikoärmer als sonst, um die Gegenstöße des Gegners bereits im Keim zu ersticken. Im Spielaufbau verblieben stets vier Spieler in der letzten Linie. Linksverteidiger Anthony Jung rückte fast gar nicht vor. Es entstand eine Art 4-1-4-1 im Spielaufbau, wobei sich Stürmer Marvin Ducksch auf die Höhe der vorderen Mittefeldspieler fallenließ. Werders Hoffnung lautete, aus einem stabilen Fundament heraus eine Überzahl im zentralen Mittelfeld zu erzielen. Hier verteidigt Frankfurt nur mit zwei Spielern, der Doppelsechs.
Taktik-Analyse: Werder Bremen kommt nicht durch das Bollwerk von Eintracht Frankfurt
Der Bremer Plan wurde früh durchkreuzt. Eintracht Frankfurt ging bereits nach acht Minuten in Führung. Marco Friedl traf nach einem Freistoß ins eigene Tor. Die Frankfurter konnten fortan aus einer abwartenden Haltung agieren, während die Bremer gezwungen waren, das Spiel zu gestalten. Werder hatte bis zum Abpfiff ein Ballbesitzplus, ihr Wert lag bei 55% .Diesen Ballbesitz spielte Werder Bremen fast gänzlich in der eigenen Hälfte aus. Frankfurt verhinderte, dass Werder Raumgewinn erzielen konnte. Die drei Stürmer der Frankfurter verhielten sich die meiste Zeit passiv, verschoben aber makellos im Raum. Sie blockierten die Zuspielwege ins zentrale Mittelfeld. Dadurch dass Schmid auf der rechten und Jens Stage auf der linken Seite äußerst breit und hoch standen, konnte Werder sie aus der eigenen Abwehr nicht anspielen.
Den Verteidigern von Werder Bremen blieb in den meisten Situationen nur der lange Ball. Niclas Füllkrug ließ sich wie gewohnt etwas fallen, um die langen Bälle weiterleiten zu können. Die gegnerischen Abwehrspieler folgten ihm jedoch. Frankfurts Trainer Oliver Glasner hatte vorgesorgt und Kristijan Jakic anstelle des schmächtigen Makoto Hasebe aufgestellt, damit sein Team in der Abwehr die Lufthoheit behält. Füllkrug gewann kaum einen Ball.
Eintracht Frankfurt passiv, aber mit Nadelstichen gegen Werder Bremen - die Taktik-Analyse
Werder Bremen war gegen diese Frankfurter Defensive machtlos. Die Bremer gingen selbst im Rückstand nicht mehr Risiko ein als nötig: Vier Spieler verblieben immer in der letzten Linie, auch das Mittelfeld rückte – mit Ausnahme der Außenspieler – nicht weit vor. Die Hoffnung, mit langen Verlagerungen Schmid oder Stage zu finden, erfüllte sich nicht .Auch die Eintracht blieb offensiv blass. Sie taten nach der frühen Führung nicht mehr als nötig. Zwar tauschten Jesper Lindström und Mario Götze immer wieder die Positionen, um sich ihrer Bremer Manndecker zu entledigen. Da aber die Doppelsechs nur zaghaft nachrückte, konnte Frankfurt nur selten eine Überzahl im Zentrum herstellen.
Gefährlich wurde es nur, sobald ein Frankfurter unerwartet in die Tiefe startete. Die Bremer Abwehrspieler rückten häufig heraus, um Eintracht Frankfurts Stürmer Kolo Muani zu verfolgen. Besonders Linksverteidiger Philipp Max nutzte dies, um etwaige Lücken zu attackieren. Max war der auffälligste Offensivakteur der Gastgeber, nicht nur, weil er das 2:0 mit einer Flanke einleitete (52.).
Werder Bremen fehlt gegen Eintracht Frankfurt der Mut - die Taktik-Analyse
Aus taktischer Sicht ist an der zweiten Halbzeit nur erwähnenswert, dass es nichts Erwähnenswertes gab. Werder Bremen verharrte bis in die Schlussviertelstunde hinein in der eigenen Mischung aus 4-1-4-1 und 5-3-2. Die Bindung zwischen Abwehr und Angriff fehlte fast immer noch vollständig, sodass die Partie lange Zeit vor sich hinplätscherte.
Erst in den Schlussminuten wagte es Werder Bremen, aus der eigenen Struktur auszubrechen. Der eingewechselte Maximilian Philipp begann, seine Position im zentralen Mittelfeld offensiver zu interpretieren. Eren Dinkci, als behelfsmäßiger Rechtsverteidiger ins Spiel gekommen, hielt ebenfalls nichts mehr hinten. Diese kleine Schlussoffensive kam aber zu spät, um Frankfurt wirklich vor Probleme zu stellen.
Eins muss man Werder Bremen lassen: Sie verteidigten am Samstagabend wesentlich stabiler als bei der 3:4-Niederlage im Hinspiel. Die halbwegs ordentliche Verteidigungsleistung ging jedoch zulasten jedweder offensiven Durchschlagskraft. Gerade einmal drei Schüsse gab Werder ab, kein einziger davon ging auf den Kasten von Eintracht-Keeper Kevin Trapp. Das ist der niedrigste Wert der gesamten Bremer Saison. Nachdem das Pendel im Hinspiel zu deutlich in Richtung Offensive schwenkte, war es in dieser Partie zu stark in Richtung Stabilität verschoben.