Werder bleibt sich in der Bundesliga treu
Erfolgsmodell: Ruhe bewahren – Werder lässt sich von Nebensächlichkeiten weiterhin nicht vom Kurs abbringen
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Auch in schwierigen Phasen bewahren die Spieler und Verantwortlichen des SV Werder Bremen die Ruhe. Bislang zahlt sich die Art und Weise, wie die Grün-Weißen mit positiven wie negativen Erlebnissen umgehen, in der Bundesliga aus. Ole Werner und Clemens Fritz sprechen über das Bremer Erfolgsmodell.
Bremen – Plötzlich scheint wieder alles gut. Wo vorher mitunter noch geunkt wurde, ob es für den SV Werder Bremen nach zwei Niederlagen in Folge vielleicht in der Tabelle doch noch weit nach unten gehen könnte, wird plötzlich wieder über einen baldigen Klassenerhalt gesprochen. So schnell kann es gehen, so verrückt sind die Mechanismen des Geschäfts. Statt Kritik gab es nun wieder viel Lob – vor allem für die Ruhe, die alle Protagonisten am Osterdeich bewahrt haben. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Dabei ist das mit der Ruhe ja immer so eine Sache. Nur wenn die Ergebnisse stimmen, gilt sie als Heilmittel, ansonsten kommt auch schnell mal der Vorwurf der Inaktivität auf. Doch am Wohninvest Weserstadion sind sie mittlerweile ganz gut geübt darin, nicht zu emotional in schwierigen Phasen zu reagieren.
Werder Bremens Clemens Fritz über die Ruhe im Verein: „Wir sehen weder alles gut noch alles schlecht“
„Das kommt über Erfahrung“, sagt Trainer Ole Werner. „Wenn wir immer versuchen würden, ruhig zu bleiben, gewinnen dann aber die nächsten sieben, acht Spiele nicht, dann denkt vielleicht auch der eine oder andere, ob die Sache mit dem Ruhig-Bleiben so eine gute Idee ist. Wir sind den Weg aber schon oft gegangen, und er hat uns dorthin geführt, dass wir uns als Mannschaft entwickeln können und besser werden.“ Genau daraus schöpfen Team und Verein Kraft, blenden das Gerede drumherum weitgehend aus. „Wir selbst bewegen uns ein Stück weit in der Grauzone, denn wir sehen weder alles gut noch alles schlecht“, erklärt Clemens Fritz, Leiter Profifußball bei Werder Bremen, im Gespräch mit der DeichStube. „Von der Öffentlichkeit wird das mitunter anders bewertet, wenn nach zwei Siegen plötzlich die Europa League Thema ist, nach zwei Niederlagen auf einmal aber auch alles schlecht ist. Wir lassen uns davon aber überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Natürlich hinterfragen wir uns nach schwächeren Leistungen, aber stellen niemals alles infrage, sondern arbeiten ganz normal weiter.“
Werder Bremens Clemens Fritz über die Kritik von Niclas Füllkrug: „Es ist wichtig, dass gewisse Themen angesprochen werden“
Zu dieser Arbeit gehören bei aller Ruhe aber auch deutliche Worte. Sie müssen ja nicht zwingend gebrüllt werden. So wie im Nachgang des Frankfurt-Spiels, als Niclas Füllkrug öffentlich und intern das Auftreten des SV Werder Bremen bemängelt hatte. Die Kritik des Stürmers hatte aufhorchen lassen, verfehlte ihre Wirkung nicht. „Niemand wird gern kritisiert, aber es ist wichtig, dass gewisse Themen angesprochen werden“, hebt auch Clemens Fritz hervor. „Und ich empfinde es als positiv, dass das aus der Mannschaft heraus passiert. Es geht nämlich nicht darum, dass nur der Trainer vorne steht und Fehler anspricht. Aber niemand nimmt sich von der Kritik aus, es geht immer um die Gemeinschaft und ein lösungsorientiertes Arbeiten.“
Genau dieser Aspekt lag auch Niclas Füllkrug noch einmal am Herzen. Er hatte gemerkt, dass seine Aussage mancherorts missverstanden, als Schelte der Kollegen interpretiert worden war. Deswegen nahm er sich im Anschluss an den Heimsieg des SV Werder Bremen gegen den VfL Bochum (3:0) ausführlich Zeit, um seine Sicht auf die Dinge zu konkretisieren. „Ich glaube, dass das Wort ,Wir‘ falsch wahrgenommen wird und wurde. Wenn ich von ,Wir‘ spreche, dann meine ich natürlich auch mich damit“, betonte der 30-Jährige. „Dafür bin ich ja auch ein bisschen bekannt, dass ich meine Meinung äußere und kein Blatt vor den Mund nehme. Das mache ich intern auch. Das kam auch gut an, weil wir sachlich und respektvoll miteinander umgehen. Ich scheiße da niemanden an. Die Jungs wissen, dass ich mich da miteinbeziehe.“
Aufsteiger Werder Bremen ist auf dem besten Weg, in der Bundesliga für eine ruhige Saison zu sorgen
Mit diesem Kurs manövriert sich Werder Bremen bislang ziemlich gut durch die Saison eines Aufsteigers, die auch ganz anders hätte laufen können. Wesentlich komplizierter nämlich. Mit einem wöchentlichen Kampf ums sportliche Überleben. Verwundert hätte das niemanden. Viele Fans hatten sich im Sommer endlich mal eine ruhige Saison des SV Werder Bremen gewünscht – nun ist die Mannschaft auf dem besten Wege, genau dafür zu sorgen. Den einen oder anderen Aufreger hin oder her. Und vielleicht ist genau das der größte Erfolg von Ole Werner und seinen Profis. Eben auch, weil der aufziehende Gegenwind ganz gelassen ertragen wird. Typisch norddeutsch eben. „Dass wir diese Herausforderung lösen können, hat dazu geführt, dass wir diese Momente ganz gut erkennen, in denen es wichtig ist, auf das zu schauen, was zu verbessern ist und nicht auf das, was passieren oder nicht passieren könnte“, meint Cheftrainer Werner. (mbü)