Volle Tüten, wirkungslose Stollen und eine Regel für den Papierkorb
Vor 30 Jahren rutschte Werder beim FC Barcelona knapp am Supercup-Sieg vorbei
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30 Jahre ist es her, dass der SV Werder Bremen im legendären Camp Nou des FC Barcelona zum Rückspiel des Supercup-Finals antrat. Die DeichStube erinnert sich an den 10. März 1993 in Katalonien.
Bremen – Bernd Hobsch ließ sich nicht verunsichern. Da konnte das legendäre Camp Nou des FC Barcelona noch so wuchtig daherkommen. „Das Zentralstadion in Leipzig ist ebenso groß“, sagte der Stürmer lässig. Die imposante Arena in der zweitgrößten Stadt Spaniens war Austragungsort eines mehr als besonderen Spiels in der Geschichte des SV Werder Bremen. Am 10. März 1993 fand es statt und jährt sich nun somit zum 30. Mal. Für die Bremer ging es um nicht weniger als den Supercup, der seinerzeit zum 18. Mal zwischen dem Europapokalsieger der Landesmeister (Barcelona) und dem kontinentalen Pokalsieger-Pendant (Werder) ausgespielt wurde. Am Ende gingen die Gäste leer aus – was aber weniger an der beeindruckenden Kulisse lag.
Knapp einen Monat zuvor hatte der katalanische Topclub an der Weser Station gemacht, vor gerade einmal 22.096 Zuschauern trotzte Werder Bremen dem haushohen Favoriten dank eines späten Treffers von Klaus Allofs ein 1:1 ab. Beim Rückspiel schauten dann 75.000 Fans auf den Rängen zu und sahen, wie die Partie nach einer halben Stunde eine entscheidende Wendung nahm. Im Mittelpunkt: Oliver Reck. Der Keeper der Norddeutschen hatte den Ball nach einem gegnerischen Steilpass an der Strafraumgrenze locker annehmen wollen, rutschte beim Herauslaufen jedoch weg und fasste instinktiv mit der Hand nach dem Spielgerät – ärgerlicherweise knapp vor dem Sechzehner.
Werder Bremen im Supercup gegen den FC Barcelona in Unterzahl: „Großes Finale entscheidend verfälscht“
Der schwedische Schiedsrichter Bo Karlsson griff durch, zückte die Rote Karte und handelte damit entsprechend einer kurz zuvor eingeführten Vorgabe, die einen Platzverweis beim Verhindern einer derartigen Torchance vorsieht. Reck winkte dennoch entgeistert ab, Teamkollege Thomas Wolter schlug fassungslos die Hände über dem Kopf zusammen. Und selbst der legendäre Johan Cruyff, der damals Trainer des FC Barcelona war, kritisierte hinterher: „Die Hälfte der neuen Fußballregeln gehört in den Papierkorb. Auch die Bestimmung, die dem Bremer Torhüter den Platzverweis eingebracht hat. Denn damit wurde ein großes Finale entscheidend verfälscht.“
Nur wenige Augenblicke später führte die Heimelf tatsächlich. Den fälligen Freistoß trat Hristo Stoichkov zwar in Richtung Torwarteck, doch der für Thomas Schaaf eingewechselte Ersatzkeeper Hans-Jürgen Gundelach konnte das 0:1 nicht verhindern. Werder antwortete aber schnell, noch vor der Pause traf Wynton Rufer per Strafstoß zum Ausgleich. Frust gab es im Lager des SV Werder Bremen dennoch, denn der Verursacher musste dieses Mal nicht vom Platz. „Legt man die Regel so streng aus, dann war das Foul von Andoni Zubizarreta an Dieter Eilts eine Notbremse und hätte neben dem Elfmeter mit Rot bestraft werden müssen“, ärgerte sich der damalige Werder-Vizepräsident Klaus-Dieter Fischer über die Arbeitsweise des skandinavischen Unparteiischen.
Werder Bremen im Supercup gegen den FC Barcelona - Johan Cruyff: „Sie haben hervorragend Fußball gespielt“
So ging es mit Elf gegen Zehn weiter, was Barca zu nutzen wusste. Schon kurz nach dem Seitenwechsel traf Jon Andoni Goikoetxea zum 2:1-Endstand. Eine Antwort gab es von den Gästen nicht mehr. Es war Bernd Hobsch gewesen, der eine Viertelstunde vor dem Ende noch die größte Chance zum zweiten Treffer des SV Werder Bremen hatte, aber an Zubizarreta scheiterte. Ansonsten hatte sich der Angreifer zwar vielleicht nicht vom Camp Nou beeindrucken lassen, dafür aber - ähnlich wie Oliver Reck - vom stark gewässerten Rasen. Etliche Male hatte Hobsch den Halt verloren und war unsanft gelandet. Warum, das wusste er selbst nicht so genau: „Ich hatte schon lange Alu-Stollen eingeschraubt“, erklärte er später.
Der Pokal war dennoch weg. Die Bremer Profis mussten sich mit den prall gefüllten Einkaufstüten trösten, die sie im Vorfeld der Partie reihenweise auf ihre Hotelzimmer geschleppt hatten. Und mit lobenden Worten. Etwa von Johan Cruyff: „Werder hat hervorragend Fußball gespielt, wir haben bis zum Schluss zittern müssen.“ Es sollte mehr als zwölf Jahre dauern, ehe sich beide Vereine erneut begegneten. Dann in der Champions League. Sechs Pflichtspiele hat es insgesamt zwischen Werder Bremen und dem FC Barcelona gegeben – gewonnen haben die Grün-Weißen noch nie. (mbü)