Nach bitterer Pleite gegen RB Leipzig
Erst Verständnis, dann Ansage: So reagiert Werder Bremen auf Ole Werners Kritik, der Kader sei zu klein
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Nach der Niederlage von Werder Bremen gegen RB Leipzig übte Trainer Ole Werner Kritik an der Kaderbreite und stellte die Qualitätsfrage. Werders Leiter Profifußball Clemens Fritz reagiert mit Verständnis und einer Ansage.
Bremen – Erst die Kritik, dann die Relativierung: Beim SV Werder Bremen waren die Protagonisten am Tag nach der so bitteren 1:2-Niederlage bei RB Leipzig bemüht, Geschlossenheit zu demonstrieren. Aus dieser war tags zuvor kein Geringerer als Trainer Ole Werner ausgebrochen, in dem er den zu schmalen Kader kritisiert und für die schlechten Ergebnisse der vergangenen Wochen mitverantwortlich gemacht hatte. Weil das öffentlich geschah, war es durchaus ein Affront gegen die sportliche Leitung, die schließlich den Kader zusammengestellt hat. Doch Clemens Fritz wies diesen Eindruck als Leiter Profifußball zurück – in einer allerdings extra einberufenen Medienrunde, was die Brisanz des Themas unterstreicht. Und der Ex-Profi machte zudem deutlich, dass sich die Gegebenheiten bei Werder in Sachen Kader aus finanziellen Gründen so schnell nicht ändern werden. Werner muss damit also leben – und kann das offenbar auch, wie ein Auftritt von ihm bei einer Veranstaltung vom Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) andeutete.
„Im Endeffekt hat jeder Verein seine begrenzten Möglichkeiten und wir sind finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wenn du gewisse Qualität im Kader haben willst, musst du alle Spieler auch bezahlen können. Wenn wir hier Spieler haben wollen, wie zum Beispiel einen Niclas Füllkrug oder Mitchell Weiser – also solche Jungs, die oft den Unterschied machen –, dann kannst du nicht einen 28-Mann-Kader finanzieren“, sagte Ole Werner am Montagmittag in Werders Vereinsheim auf Platz 11 und betonte: „Das ist nichts, wofür du dich als Werder Bremen schämen musst, weil der oder der etwas falsch gemacht haben, sondern das ist einfach natürlich.“
Werder Bremen-Trainer Ole Werner wurmt kleiner Kader - Werder ist Risiko vor der Saison bewusst eingegangen
Tags zuvor hatte es ihn dagegen noch enorm gewurmt, dass ihm durch die vielen Ausfälle und den eher kleinen Kader nur 18 einsatzfähige Profis zur Verfügung standen – 20 sind bei einem Bundesligaspiel erlaubt. Trotzdem lag Werder Bremen beim Champions-League-Kandidaten bis zur 87. Minute mit 1:0 in Führung. Doch dann wendete sich das Blatt, und Ole Werner hatte dafür eine einfache Erklärung: „Der Gegner wirft alles nach vorne und bringt noch einmal mehr Qualität von der Bank. Jeden Wechsel, den wir vornehmen, nehmen wir momentan eigentlich nur vor, weil Spieler verletzt sind oder irgendetwas anzeigen.“ Das zeugt nicht gerade von großem Vertrauen in die Einwechselspieler. Was bei Maximilian Philipp und Niklas Schmidt verwundert, weil sie zuletzt auch schon in der Startelf gestanden haben und eigentlich als echte Alternativen gelten. Bei Eren Dinkci ist das wegen dauerhafter Fußprobleme und bei Manuel Mbom nach einer langen Verletzungspause in der Tat etwas anders.
„Wir sind aktuell personell schon arg gebeutelt. Es tut uns extrem weh, wenn bei uns fünf Kaderspieler ausfallen. Aber das tut jeder Mannschaft weh“, meinte Clemens Fritz. Niclas Füllkrug, Christian Groß, Amos Pieper, Felix Agu und Dikeni Salifou stehen auf der Bremer Ausfallliste. Am Ende einer Saison ist das nicht ungewöhnlich. Werder Bremen bringt es aber in die Bredouille – und das ärgerte Ole Werner. Diese Gefahr war ihm jedoch bekannt, denn dieses Risiko ist Werder vor der Saison bewusst eingegangen. „Wir haben nun mal wirtschaftliche Bedingungen, an die wir uns halten müssen“, hob Fritz einmal mehr hervor: „Wenn du dich breiter aufstellen willst, musst du in der Spitze etwas wegnehmen.“ Gemeinsam sei jedoch im Sommer entschieden worden, alle Leistungsträger zu halten und den Kader nur punktuell zu verstärken – auf Kosten der Kadergröße. Der Plan ging auf, Werder spielte eine erfolgreiche Hinrunde, stand nie auf einem Abstiegsplatz.
Nach Kader-Kritik von Trainer Ole Werner betont Werder Bremens Clemens Fritz: „Es gibt keine Unstimmigkeiten“
Die Erfolgsspur haben die Bremer inzwischen verlassen, stehen aber immer noch weit über dem Strich. Fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz sind bei nur noch zwei Spieltagen üppig, aber eben auch nicht ungefährlich. Zumal der Trend extrem gegen Werder Bremen spricht. Von den letzten zehn Partien wurde nur ein Spiel gewonnen – bei Schlusslicht Hertha BSC. Gegen den 1. FC Köln und Union Berlin wird es nicht einfach, den fehlenden Punkt noch zu holen. Ansonsten muss Werder darauf vertrauen, dass die Konkurrenz nicht alles gewinnt.
Mit einem möglichen Punktgewinn in Leipzig hätte sich Werder Bremen das alles ersparen können. Fritz glaubt, dass auch die Enttäuschung über die späte Niederlage zu Werners kritischen Aussagen über den Kader geführt haben könnten. „Da wird mir ein bisschen zu viel reininterpretiert“, meinte der Ex-Profi: „Wenn du ein Spiel so spät verlierst, dann kann das ein Thema werden. Wir haben aber alle Themen auf dem Tisch liegen – und diskutieren auch ein paar Sachen. Doch es ist nicht so, wie ich gelesen habe, dass wir aufpassen müssen, wieder in eine Richtung zu gehen. Wir gehen die ganze Zeit in eine Richtung. Es gibt keine Unstimmigkeiten. Wir ziehen an einem Strang, wir sind in einem guten Austausch.“
Werder Bremen will beim Thema Kader „keinen anderen Weg gehen“: Was bedeutet das für Ole Werners Zukunft?
Wobei Clemens Fritz auch deutlich machte, wer die Richtung vorgibt – der Verein und eben nicht der Trainer: „Wir wollen nächstes Jahr keinen anderen Weg gehen, wir wollen eine gute Qualität im Kader haben – auch in der Spitze. Wir sind überzeugt davon, dass wir das brauchen.“ Es gehe auch darum, den eigenen Talenten den nötigen Platz im Profi-Kader zu bieten, um sich weiterentwickeln zu können. Mit einem „Riesenkader mit vielen Leihspielern“, so Fritz, sei das nicht möglich. Werder Bremen setzt darauf, die Spieler möglichst direkt an den Club zu binden, damit auch die Identifikation entsprechend groß ist.
Bleibt die Frage, ob sich auch Ole Werner damit identifizieren kann. Bei Klassenerhalt verlängert sich sein am 30. Juni auslaufender Vertrag automatisch um ein Jahr. Angestrebt wird eine längere Zusammenarbeit. Erste Vertragsgespräche führten in den vergangenen Wochen nicht zum Abschluss, weil sich die beiden Parteien nicht einigen konnten. Fortsetzung folgt – nun allerdings nach der öffentlichen Kritik des Trainers. Die wurde nun zwar von allen Seiten relativiert, was im Abstiegskampf aber auch nicht wirklich überrascht. Der Fokus soll bei Werder Bremen gefälligst voll auf den letzten beiden Spielen liegen. (kni/mbü/tos)