Werder-Profi im DeichStube-Gespräch
„Es war eine komische Situation“: Werders Stark im Interview über Hertha-Trainer Dardai, verhängnisvolle Fehler und einen verunglückten Slogan
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Am Samstag trifft Niklas Stark mit Werder Bremen auf seinen Ex-Verein Hertha BSC (15.30 Uhr im DeichStube-Liveticker). Die DeichStube hat im Interview mit dem Verteidiger über seinen Abschied aus Berlin, die aktuelle Werder-Situation und Pal Dardai gesprochen.
Bremen – Den Großteil seiner bisherigen Bundesliga-Laufbahn hat Niklas Stark im Trikot von Hertha BSC erlebt. Stolze 176 Einsätze hat der heutige Verteidiger des SV Werder Bremen für die alte Dame im Oberhaus absolviert. Kein Wunder also, dass er vor dem Bremer Gastspiel in Berlin (Samstag, 15.30 Uhr im Deichstube-Liveticker) als Hertha-Experte gefragt ist. Mit der DeichStube hat sich Stark über den neuen, alten Berliner Cheftrainer Pal Dardai unterhalten, der ihn einst sehr gefördert hat. Außerdem sprach der 28-Jährige über Bremer Abwehrsorgen, einen verunglückten Slogan sowie seinen ernüchternden Abschied aus der Hauptstadt.
Herr Stark, während des Bremer Auswärtsspiels bei Hertha BSC werden am Samstag rund 20.000 Werder-Fans erwartet. Was denken Sie bei dieser Zahl?
Das wird einfach geil! Ich kenne das Olympiastadion ja ein bisschen und weiß, dass auch Gästefans dort richtig gut Stimmung machen können, wenn der Block voll ist. Ich freue mich, dass ich die Unterstützung jetzt mal als Spieler der Gastmannschaft erleben kann. Das wird neu für mich. Das Spiel ist sehr wichtig für uns, und da geben uns die Fans nochmal einen zusätzlichen Push.
Dabei dürfte speziell bei Ihnen die Vorfreude ohnehin schon groß gewesen sein. Sie haben von 2015 bis 2022 das Trikot der Hertha getragen und werden nun erstmals in Ihrer Karriere als Gegner im Olympiastadion auf dem Platz stehen.
Echt? (überlegt) Stimmt, ja. Wir waren mit Nürnberg zwar einmal da, aber da war ich verletzt. Die Rückkehr ist schon etwas Besonderes für mich, klar. Aber in erster Linie ist es ein Bundesligaspiel, in dem wir alles daransetzen müssen, die drei Punkte mitzunehmen.
Hertha ist vor dem 29. Spieltag Ligaschlusslicht mit 22 Punkten, Werder Bremen belegt Platz zwölf mit 32 Zählern. Ein klassisches Big-Point-Spiel für Ihre Mannschaft?
Das wird sich zeigen. Wir haben in den vergangenen Wochen in meinen Augen gute Spiele gemacht, konnten uns dafür aber leider nicht belohnen. Inzwischen hat sich deshalb innerhalb der Mannschaft ein sehr starker Drang entwickelt, jetzt endlich mal wieder einen Dreier einzufahren. Wenn wir da dranbleiben und in Berlin ein Erfolgserlebnis verbuchen, kann es zum Ende der Saison nochmal richtig gut werden.
Werder Bremens Niklas Stark über Hertha BSC-Trainer Pal Dardai: „Zufällig passiert bei ihm nichts“
Ist es ein Nachteil für Ihre Mannschaft, dass Hertha ausgerechnet vor dem Spiel gegen Werder Bremen den Trainer gewechselt hat?
Ich habe es als Hertha-Profi ja selbst mal miterlebt, dass Pal Dardai die Mannschaft übernommen hat (im Januar 2021 folgte der Ungar auf Bruno Labbadia und rettete das Team vor dem Abstieg, Anm. d. Red.). Er hat damals schnell eine gewisse Lockerheit in die Kabine gebracht, was sehr hilfreich war. Es ist schon verrückt, dass er wieder da ist und gleich das erste Spiel gegen Werder mit mir macht.
Sie haben zwischen 2015 und 2021 insgesamt 139 Pflichtspiele unter dem Cheftrainer Pal Dardai bestritten – mit keinem anderen Coach blicken Sie auf eine vergleichbar lange Zusammenarbeit zurück. Was ist Dardai für ein Typ?
Er ist sehr fokussiert und hat bei allem, was er tut, ein klares Ziel vor Augen. Zufällig passiert bei ihm nichts, auch wenn man das als Spieler manchmal erst hinterher merkt. Er hat immer schon einen Hintergedanken im Kopf. Wir sollten uns in der Vorbereitung aber gar nicht zu sehr auf die Person Pal Dardai konzentrieren, sondern darauf, dass wir auf dem Platz unsere Aufgaben erledigen. Denn wenn wir das schaffen, gewinnen wir das Spiel auch.
Haben Sie denn noch Kontakt zu Pal Dardai?
Ja, wir schreiben uns ab und zu mal, gratulieren uns auch gegenseitig zum Geburtstag. Als es vor ein paar Tagen plötzlich hieß, er könne tatsächlich wieder Hertha-Cheftrainer werden, habe ich ihm auch geschrieben. Da ging es ein bisschen hin und her. Als es dann offiziell war, habe ich ihn in Ruhe gelassen und nur noch ein lachendes Emoji rübergeschickt.
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Als Sie 2015 als 20-Jähriger aus Nürnberg nach Berlin gewechselt sind, hat Dardai sofort auf Sie gesetzt. Im Laufe der Jahre haben Sie unter ihm in der Europa League sowie gegen den Abstieg gespielt und haben den Sprung in die A-Nationalmannschaft geschafft. Welchen Anteil trägt er an Ihrer Entwicklung hin zum gestandenen Bundesligaprofi?
Er hat sehr viel bei mir bewirkt, war für meine Karriere ein wichtiger Faktor. Als ich nach Berlin kam, war er vier Jahre lang mein Trainer, in einer Phase, die für einen jungen Profi sehr wichtig ist. An meinem Ziel, am Samstag in Berlin drei Punkte zu holen, ändert die Verbundenheit zu Pal aber nichts. Wenn wir gewonnen haben, können wir gerne sprechen und witzeln.
Hat Ihr jetziger Trainer Ole Werner Sie schon nach Tipps gefragt? Den Dardai-Fußball dürfte bei Werder Bremen schließlich niemand besser kennen als Sie.
Es ging schon um ein, zwei Kleinigkeiten, ja. Die Frage ist aber immer, wie viel er von seinem Spielstil innerhalb von nur wenigen Tagen schon in die Mannschaft reinbekommt. Pal ist ein Trainer, der die Dinge langsam aufbaut und Stück für Stück entwickelt. Deswegen denke ich nicht, dass seine Handschrift am Samstag schon komplett zu sehen sein wird.
„Das ist einfach Mist“, Werder Bremens Niklas Stark ärgert sich sehr über die vielen Niederlagen zuletzt
Kommen wir zu Ihrer Mannschaft: Zuletzt waren es wiederholt Unachtsamkeiten in der Defensive, die Werder Bremen nach insgesamt ordentlichen Auftritten wertvolle Punkte gekostet haben. Wie sehr ärgert Sie das?
Sehr! Wir haben bei der Niederlage gegen Freiburg nur drei Torschüsse zugelassen, davon waren aber zwei drin. Da waren Fehler dabei, die in der Bundesliga eiskalt bestraft werden. Trotzdem machen wir es in 20 bis 25 Aktionen sehr, sehr gut. Bei den ein, zwei, wo das nicht der Fall ist, fällt der Ball im Moment direkt rein. Das ist sehr ärgerlich, zumal wir vorne vergleichbare Situationen gerade nicht konsequent nutzen. So gehst du am Ende als Verlierer vom Platz, obwohl du das Gefühl hast, die bessere Mannschaft gewesen zu sein. Das ist einfach Mist. Solche Phasen gibt es aber immer mal. Wichtig ist, dass man trotzdem dranbleibt und sich das nötige Spielglück mit Einsatz und Spaß zurückholt.
Sie waren in den vergangenen Wochen der Bremer Innenverteidiger, dem die wenigsten Fehler unterlaufen sind. Zumeist spielen Sie den rechten Part in der Dreierkette, aber könnten Sie im Zentrum nicht für noch mehr Stabilität sorgen?
Klar sprechen wir auch über solche Gedanken und sind da im Austausch. Man muss aber immer schauen, welcher Spielertyp gegen welchen Gegner am besten auf welche Position passt. Mal brauchst du dynamische Innenverteidiger, die mit nach vorne verteidigen, dann geht es wieder um andere Attribute. Im Moment passt es ganz gut, so wie es ist. Wir sind damit gut gefahren, auch wenn sich das nach den angesprochenen Abwehrfehlern der letzten Wochen etwas blöd anhört. Man sollte aber nicht vergessen, dass bei Umstellungen gerade im ersten Spiel natürlich auch die Abstimmung auf dem Platz wieder ein Thema werden kann.
Werder Bremen hat inzwischen schon seit sechs Spielen nicht mehr gewonnen, weist aber immer noch einen komfortablen Vorsprung von acht Punkten auf den Relegationsplatz auf. Wie trügerisch ist die Lage?
Das Wichtigste ist, dass wir das nächste Spiel gewinnen, und zwar immer. So einfach ist das. Ich habe die Tabelle deshalb gar nicht so sehr im Kopf. Wenn wir wissen, wo wir nach den Spielen gegen Hertha und Schalke stehen, können wir uns nochmal unterhalten.
So könnte die Startelf-Aufstellung des SV Werder Bremen gegen Hertha BSC aussehen!
Werder Bremens Niklas Stark über Abschied von Hertha BSC: „Wie es dann gekommen ist, finde ich schade“
Fest steht: Herthas Ausgangslage ist um einiges bedrohlicher als die Ihres Teams. Sie waren 2019 hautnah dabei, als Investor Lars Windhorst eingestiegen ist und in Berlin der Slogan des „Big City Clubs“ ausgerufen wurde. Wie denken Sie heute an diese Zeit zurück?
Wenn man den Ausgang der ganzen Geschichte kennt, muss man schon ein bisschen lächeln, wenn man das hört. Es war damals viel Trubel im Drumherum. Das war einfach zu viel für die Mannschaft. Plötzlich hat man nur noch gelesen, wer sich mit wem anlegt, und dann kam der nächste und hat etwas gesagt. Das war für die Spieler hinderlich, sich auf die sportlichen Ziele zu fokussieren. Jetzt bin ich aber bei Werder und richte den Blick nach vorne.
Dass Sie das Bremer Trikot tragen, hängt allerdings eng damit zusammen, dass Ihr Vertrag in Berlin im Sommer 2022 nicht verlängert wurde. Waren Sie damals enttäuscht oder ohnehin bereit für eine Veränderung?
Es war für mich eine komische Situation. Erst wurde gesagt, dass es weitergeht, dann wieder nicht und das Ganze nochmal von vorne. So auseinanderzugehen, wie es dann gekommen ist, finde ich schade. Ich habe damals aber kein Fass aufgemacht, weil wir mit der Mannschaft ja noch Ziele hatten. Da wollte ich die Sache durch öffentliche Aussagen nicht noch weiter befeuern. Das ist einfach nicht meine Art. Mir hat geholfen, dass mir viele Menschen im Verein für mein Verhalten Respekt gezollt haben. Das war mir wichtig, auch wenn eine offizielle Verabschiedung nicht stattgefunden hat.
Herr Stark, letzte Frage: Da Sie noch nie als Gegner bei der Hertha zu Gast waren – wissen Sie überhaupt wie die Gästekabine aussieht oder lernen Sie das Olympiastadion am Samstag tatsächlich noch von einer neuen Seite kennen?
(lacht) Ich bin schon oft dran vorbeigelaufen und habe auch mal reingeschaut, drin war ich aber noch nicht. Das wird schon komisch. Die Gefahr, dass ich aus alter Gewohnheit in die Hertha-Kabine laufe, besteht aber nicht. So klar bin ich bei aller Konzentration auf das Spiel dann doch noch. (dco)