Interview vor Doppel-Duell mit Werder Bremen
Werder Bremen als Stolperstein in Liga und Pokal? Leipzigs Lukas Klostermann sieht „eine gute Truppe: Wir müssen auf der Hut sein“
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Mit dem Ziel, eine gute Reaktion nach der ärgerlichen und unverdienten Niederlage im „Finale“ gegen Bayern München zu zeigen, fährt RB Leipzig laut Lukas Klostermann zum SV Werder Bremen. Im Interview mit der Deichstube betont der Nationalspieler aber seinen Respekt vor dem Gegner, mit dem es auch im DFB-Pokal-Halbfinale zum Duell kommen wird: „Wir sind keineswegs überheblich. Wir wissen, dass uns eine schwere Aufgabe erwartet.“
Der 24-Jährige, seit 2014 für RB Leipzig aktiv, sieht Ähnlichkeiten der beiden Trainer und vergleicht Florian Kohfeldt mit Julian Nagelsmann: „Er ist immer voll dabei an der Seitenlinie und versucht intensiv die Mannschaft zu coachen.“ Zudem spricht Lukas Klostermann über den Abstiegskampf von Werder Bremen, den möglichen Aufstieg seines Ex-Clubs VfL Bochum und die Europameisterschaft.
Sie stammen aus einer Leichtathletik-Familie, auch Sie haben sich vor dem Fußball intensiv diesem Sport gewidmet und sind bekannt für Ihre Grundschnelligkeit. Wie war Ihre beste Zeit über 100 Meter, Lukas Klostermann?
Oh, das ist schon Ewigkeiten her, die Strecke bin ich auch nicht so häufig gelaufen, eher 50 oder 75 Meter in der Jugend.
Was macht es mit Ihnen, wenn heute Vergleiche mit dem Sprinter Usain Bolt angestellt werden?
Es sind utopische Vergleiche, eigentlich nicht zulässig. Dass ich nicht gerade der Langsamste auf dem Fußballplatz bin, hat sich aber inzwischen herumgesprochen. (schmunzelt)
Welche Rolle spielen Tempo und Schnelligkeit in Bezug auf andere Fähigkeiten bei einem Fußballprofi?
Eine sehr große Rolle. Tempo auf den Platz zu bringen, ist schon eine erhebliche Qualität. Doch ich möchte dies noch ergänzen um eine weitere Kategorie: Wichtig ist auch die Handlungsschnelligkeit. Wer zu spät eine Situation erkennt und mit Verzögerung losläuft, ist nicht gerade im Vorteil. Insofern kommt es nicht allein auf die physische Komponente an.
Werder Bremen: RB-Leipzig-Profi Luklas Klostermann - „Ich habe auch schon als Zehner gespielt“
Ralf Rangnick hat Sie 2014 nach Leipzig geholt. Hat er so die Weichenstellung für Ihre Karriere vorgenommen?
Ralf Rangnick war schon der entscheidende Mann. Überhaupt hat er in den letzten Jahren eine prägende Rolle für mich gespielt. Er hat mich zu RB geholt, zudem habe ich mich unter ihm enorm weiterentwickelt in der Zeit, als er die Mannschaft trainiert hat. Das heißt aber nicht, dass meine Entwicklung unter Julian Nagelsmann nicht weitergeht.
Rangnicks Antipode ist Peter Neururer, damals Ihr Trainer beim VfL Bochum, der Sie mit diesen legendären Worten verabschiedet hat in Richtung Sachsen: „Ich wünsche Lukas für sein weiteres Leben viel, viel Glück und einen neuen Berater.“ Was sagen Sie heute zu diesem Spruch?
Zwischen Peter Neururer und mir ist längst alles ausgeräumt. Ich bin ihm dankbar, dass er mir damals das Vertrauen geschenkt hat, und ich als junger Spieler die Chance bekommen habe, im Profifußball Fuß zu fassen.
Neururers These lautet: Wären Sie noch ein bis zwei Jahre in Bochum geblieben, hätte Ihre Entwicklung noch besser verlaufen können als in Leipzig.
Diese Meinung teile ich nicht. Es war genau der richtige Schritt, damals zu Leipzig zu wechseln.
Sie gelten als polyvalenter Spieler, wie es so schön heißt. Es heißt von Ihnen, dass Sie fast alle Positionen zu bekleiden vermögen – bis auf die Rolle als Zehner …
… wer sagt denn so etwas? Auch das habe ich schon mal gespielt, doch es ist schon sehr lange her. (lacht)
Duelle in DFB-Pokal und Bundesliga: RB Leipzig will gegen Werder Bremen „das Maximale herausholen“
Was ist Ihre Lieblingsposition? Innenverteidiger oder Außenverteidiger?
Am liebsten bin ich überhaupt auf dem Platz, welche Position in der Startelf mir zukommt, ist dabei egal. Es stimmt, dass ich in dieser Hinsicht sehr flexibel bin. Und es macht mir auch Spaß, immer wieder neue Aufgaben zu lösen. Ich stelle mich gern neuen Herausforderungen und versuche, mich schnell in allen Rollen anzupassen, um der Mannschaft zu helfen.
Haben Sie den Ärger über die 0:1-Niederlage im so genannten „Finale“ gegen die Münchner Bayern am vergangenen Spieltag schon überwunden?
Ich habe es inzwischen verdaut, doch es war schon ärgerlich und enttäuschend. Schade, dass wir am Ende verloren haben. Ein Spiel, das wir nicht hätten verlieren müssen. Wir waren ganz bestimmt nicht die schlechtere Mannschaft.
Sieben Punkte Rückstand auf Bayern – ist die Meisterschaft damit entschieden?
Unsere Chancen sind nach der Niederlage im direkten Duell natürlich gesunken, doch sie liegen nicht bei null Prozent. Was ich damit sagen will: Im Fußball kann viel passieren, auch wenn die Wahrscheinlichkeit auf die Meisterschaft nun sehr gering ist. Wenn die Bayern Punkte lassen, müssen wir da sein.
Was bedeutet dies für die Partie in Bremen?
Wir müssen auf uns schauen, wollen in den nächsten Wochen das Maximale herausholen. Das zählt zur DNA in Leipzig, diese Einstellung ist charakteristisch für den gesamten Verein und speziell auch für uns als Mannschaft.
RB Leipzig klarer Favorit gegen Werder Bremen? Luklas Klostermann: „Das kann man vielleicht so sagen“
Fahren Sie als klarer Favorit nach Bremen?
Das kann man vielleicht so sagen, wenn man auf die Tabelle schaut. Wir fahren dorthin und wollen die drei Punkte mitnehmen. Nach der Niederlage gegen die Bayern möchten wir eine gute Reaktion zeigen. Dabei sind wir keineswegs überheblich, wir wissen, dass uns bei Werder eine schwere Aufgabe erwartet.
Erst in der Bundesliga, in knapp drei Wochen ein erneutes Gastspiel in Bremen im Pokal. Welche Prüfung ist schwerer? Die Meisterschaft oder der Pokal mit dem K.o.-Charakter?
Ich weiß es nicht. Beide Partien sind wohl gleich schwer. Momentan steht erstmal das Meisterschaftsspiel auf dem Programm, auf das wir uns konzentrieren müssen.
Steckt Werder noch im Abstiegskampf?
Ich beurteile Werder nicht nur nach dem Tabellenplatz. Ich sehe eine gute Truppe, die bald dort unten herauskommen wird. Wir müssen jedenfalls auf der Hut sein.
Ihr Trainer Julian Nagelsmann zählt wie Florian Kohfeldt zur Garde der jungen, frischen Trainer. Sie verfolgen auch den Bremer Coach und konnten sich ein Bild von ihm machen. Sehen Sie Übereinstimmungen zwischen den beiden?
Aus der Ferne betrachtet fällt auf, dass Kohfeldt auch ein sehr emotionaler Trainer ist, der an der Seitenlinie immer voll dabei ist und intensiv die Mannschaft zu coachen versucht. Da ähneln sich die beiden sicherlich. Wie er allerdings in der Trainingsarbeit agiert, kann ich natürlich nicht beurteilen.
Werder Bremen gegen RB Leipzig: Lukas Klostermann - „Alle wird man nie von unserem Weg überzeugen“
Über Rasenballsport wird in der Öffentlichkeit, vor allem bei den Fans der Traditionsclubs, abfällig von dem „Konstrukt“ gesprochen. Wie erleben Sie als Spieler diese kritische Diskussion?
Ehrlich gesagt, ist dies bei uns in der Mannschaft kein großes Thema. Nur so viel: Ich finde, dass zu viel schlecht gemacht, zu viel schlecht geredet wird. Ich bin jetzt schon lange dabei und kann mir ein Urteil erlauben: Es hat sich hier viel entwickelt, wir haben schon viel erreicht, nicht nur sportlich. Unser nachhaltiger Weg hat sich positiv auf das Umfeld und den allgemeinen Fußballfan ausgewirkt. Die Fans spüren, dass wir Fußball mit Herz und Leidenschaft spielen. Alle wird man nie von unserem Weg überzeugen, das müssen wir aber auch nicht.
Thema Nationalelf: Haben Sie sich vom Schock der Blamage gegen Nord-Mazedonien erholt?
Es war ein extrem ärgerliches Spiel, das mir immer noch quer im Magen liegt. Wir müssen daraus die richtigen Schlüsse ziehen, dieser Misserfolg darf aber auch nicht zu lange in unseren Köpfen bleiben. Wir haben schließlich im Sommer mit der Europameisterschaft ein großes Turnier vor der Brust.
Rechnen Sie damit, in den EM-Kader berufen zu werden? Und wie ist aus Ihrer Sicht die Perspektive bei den Abschiedsspielen für Bundestrainer Joachim Löw?
Ich hoffe, dass ich dabei bin, doch das entscheidet der Bundestrainer. Ich glaube, dass wir eine sehr gute Truppe beisammen haben, die hoffentlich beim Turnier zu sehr guter Form findet.
Ihr Ex-Club, der VfL Bochum, spielt eine herausragende Saison in der 2.Liga. Klappt der Aufstieg?
Ich traue es der Mannschaft zu - und ich würde mich sehr freuen. Der VfL gehört in die Bundesliga. (hgk) Auch interessant: Werder Bremen gegen Leipzig ohne Ludwig Augustinsson und Niclas Füllkrug, aber mit zwei Rückkehrern! So könnte die mögliche Aufstellung von Werder Bremen gegen RB Leipzig aussehen. So seht Ihr das DFB-Pokal-Halbfinale von Werder Bremen gegen RB Leipzig live im TV!