Werder verliert gegen Leverkusen
Ausgekontert! Werders unnötige Niederlage gegen Leverkusen in der Taktikanalyse
- 2 Kommentare
- Weitere
Bremen - Es war die ideale Ausgangslage für Werder Bremen. Doch gegen ein müdes Team aus Leverkusen begehen die Bremer hinten zu viele Fehler, während sie vorne ihre Chancen nicht nutzen. Die Werkself konnte dank minimalem Aufwand und einer kleinen, aber entscheidenden Umstellung drei Punkte aus dem Weserstadion entführen.
In der Tabelle mögen Werder Bremen und Bayer Leverkusen Nachbarn sein. Werder-Fans wissen jedoch, dass beide Teams Welten trennt. Auf der einen Seite steht ein Aufsteiger, der auf der Welle der Euphorie schwimmt; auf der anderen Seite ein Team, das vor wenigen Wochen noch Champions League spielte. Dennoch standen die Vorzeichen für Werder Bremen am späten Sonntagnachmittag nicht schlecht. Werder traf auf Leverkusen zwischen zwei Europa-League-Spieltagen. Das Erreichen des Viertelfinals scheint für den Werksverein ungleich wichtiger als der Bundesliga-Alltag. Trainer Xabi Alonso nahm im Vergleich zum Europa-League-Hinspiel sechs Wechsel vor und schonte in Florian Wirtz den absoluten Schlüsselspieler des Teams. Umso bitterer war für Bremen, dass sie diese Vorlage trotz guter Leistung nicht nutzten. Dabei erspielten sie sich bei der 2:3-Niederlage mehr als genug Chancen.
Werder Bremen gegen Bayer Leverkusen in der Taktik-Analyse: Wer viel wagt, der viel gewinnt
Werder-Coach Ole Werner plagten vor der Partie einige Personalsorgen. Mit Marco Friedl, Christian Groß und Leonardo Bittencourt fehlten gleich drei Startelf-Kandidaten. Trotz der Ausfälle musste Werner taktisch nicht umbauen. Er setzt auf die bewährte 5-3-2-Formation. Mitchell Weiser stand erstmals seit einem Monat wieder in der Startelf. Er interpretierte die Rechtsverteidiger-Position gewohnt offensiv bei Werder Bremen.
Bayer Leverkusen begann nicht mit der bestmöglichen Elf. Neben Wirtz fehlten mit Patrik Schick und Sardar Azmoun wichtige Figuren im Angriff. Als Stürmer übernehmen sie die Aufgabe, lange Bälle festzumachen und im Strafraum für Präsenz zu sorgen. Ersatzmann Adam Hlozek kommt eher über die spielerische Komponente. Entsprechend häufig ließ er sich aus dem Sturmzentrum fallen. Leverkusens nominelles 3-4-3 wurde so zu einem 3-4-1-2.
Werder Bremen sorgte in der Anfangsphase dafür, dass Hlozek keine flachen Zuspiele bekam. Die Bremer wagten ein aggressives Pressing. Niklas Schmidt rückte aus dem Mittelfeld nach vorne, um zusammen mit Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch die gegnerische Dreierkette anzulaufen. Auch auf den Flügeln verteidigte Werder Mann-gegen-Mann. Dass Hlozek sich zurückfallen ließ, spielte den Bremern in die Karten: Ilia Gruev konnte ihn aufnehmen.
Taktik-Analyse gegen Bayer Leverkusen: Werder Bremen dominiert die erste Halbzeit
Bayer Leverkusen fand in der ersten halben Stunde überhaupt nicht in den eigenen Rhythmus. Sie versuchten, über die zurückfallende Doppelsechs das Bremer Pressing zu umspielen. Werder Bremen blieb jedoch eng am Mann. Leverkusen blieb meist nur der Rückpass – oder aber der lange Ball nach vorne. Insgesamt 73 Bälle schlug die Werkself lang, ihr Saisonschnitt liegt bei 52. Dass vorne kein Stürmer als Abnehmer für diese langen Bälle bereitstand, spielte Werder in die Karten: Nur 30% der langen Bälle fanden auch einen Abnehmer.
Werder spielte sogar noch mehr lange Bälle als Leverkusen, sie kamen auf 89. Der Unterschied: Bei den Bremern kam jeder zweite lange Ball an. Anders als Leverkusen schlug Werder Bremen den Ball nicht unter Druck nach vorne, sondern verfolgte einen klaren Plan. Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch ließen sich häufig fallen. Sie versuchten, Lücken im Leverkusener Defensivverbund zu öffnen. Bayer Leverkusens Verteidiger ließen sich auffallend häufig locken.
Nun schlug die Stunde von Jens Stage und Anthony Jung. Sie rückten in Richtung Linksaußen, um ins Kopfball-Duell mit dem eher schmächtigen Jeremy Frimpong zu gehen. Werder Bremen gewann diese Duelle und beschleunigte in der Folge das Spiel. Zu sehen war dieses Muster auch vor dem Führungstreffer (30.). Werder überzeugte hier vor allem mit der Durchsetzungsfähigkeit im Kampf um den zweiten Ball.
Unnötige Fehler des SV Werder Bremen: Die Taktik-Analyse gegen Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen erhöhte nach dem Rückstand etwas das Tempo. Sie interpretierten ihre Formation nun seltener als ein 3-4-1-2, sondern eher als echtes 3-4-3. Damit setzten sie Werder Bremen früh unter Druck. Ein einziges Mal gelang es ihnen dabei, das Pressing der Bremer durch einen flachen Angriff über das Zentrum zu knacken. Leverkusen hatte hier eine Überzahl hergestellt. Es genügte, um auszugleichen (34.).
Ansonsten bot die Werkself offensiv wenig an. Der angenehme Nebeneffekt der Bremer Strategie: Dadurch, dass Frimpong defensiv gebunden war, konnte der sonst so quirlige Rechtsaußen nur selten offensive Akzente setzen. Bayer Leverkusens sonst so starke rechte Seite war weitgehend abgemeldet – bis Frimpong kurz nach der Pause das 2:1 erzielte (56).
Der Rückstand fiel in Werders beste Phase. Leverkusen hatte besonders nach dem 1:2 massiv zu kämpfen mit den hohen Bällen in Richtung Linksaußen. Binnen zehn Minuten nach dem Rückstand kam Werder Bremen zu vier guten Chancen. Das Problem lag eher in der Effizienz der Werkself und der Fehleranfälligkeit in der Bremer Defensive. Nach einem Ballverlust sprintete Weiser nicht schnell genug nach hinten, Leverkusen konterte und traf zum 1:3 (83.).
Werder Bremen gegen Bayer Leverkusen in der Taktik-Analyse: Xabi Alonso wechselt clever
Dass Werder Bremens Spielfluss bereits zuvor zum Erliegen kam, lag an einem cleveren Wechsel von Xabi Alonso. Er reagierte auf die defensiven Schwächen von Frimpong. Edmond Tapsoba kam für ihn in die Partie. Er rückte in die Innenverteidigung, während Odilon Kossounou die Position des Rechtsverteidigers übernahm. Der 1,91 Meter große Verteidiger klärte die hohen Bälle wesentlich souveräner als der 1,71 Meter kleine Frimpong. Trotz des Anschlusstreffers zum 2:3 hatte Leverkusen in der Schlussphase keine große Mühe, Werders Angriffe abzuwehren.
Trotz cleverer Wechsel von Alonso bleibt am Ende auf Bremer Seite das Gefühl, dass an diesem Nachmittag mehr drin gewesen wäre. Die sonst so spielstarken Leverkusener nahmen im Weserstadion das Spiel nicht in die Hand. Nach der Pause lag Werder Bremens Ballbesitz bei 60%. Dass sie den Ballbesitz durchaus zu nutzen wussten, bewies das schön herausgespielte Tor zum 1:0. Nur: Wenn eine Mannschaft drei unnötige Gegentore kassiert, wird es schwer mit einem Sieg - selbst gegen die B-Elf eines Tabellennachbarn.