Werder mit spätem Punkt in Mainz
Als das Spiel plötzlich eskalierte: Werder Bremen gegen Mainz 05 in der Taktik-Analyse
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Mainz - 85 Minuten lang mussten die Zuschauer beim Spiel zwischen Mainz 05 und Werder Bremen auf Tore warten. In den Schlussminuten bekamen sie gleich vier zu sehen. Werder darf sich über das 2:2 freuen, meint unser Taktikanalyst Tobias Escher. Die Mainzer waren in der finalen halben Stunde das deutlich aktivere Team.
Werder Bremens Abwehr hat die Fans in dieser Saison nicht immer verwöhnt. Vor dem 27. Spieltag stellte Werder mit 50 Gegentreffern die zweitschlechteste Abwehr der Liga. Einzig der VfL Bochum kassierte noch mehr Gegentreffer. Am Samstagnachmittag kamen zwei weitere Gegentore hinzu. Trotzdem darf sich Trainer Ole Werner nach dem Spiel mit der Leistung seiner Defensivspieler zufrieden zeigen. Werder verteidigte gegen den FSV Mainz 05 lange Zeit stark. Als Mainz in der Schlussphase aufdrehte, gab Werder nach den beiden Gegentreffern sofort die passende Antwort.
Werder Bremen gegen den FSV Mainz 05 in der Taktik-Analyse: Fünferkette gegen Fünferkette
Der FSV Mainz 05 ist in der Bundesliga die Mannschaft der Stunde. In der Rückrunden-Tabelle standen sie vor dem Spieltag auf Rang zwei, einzig Borussia Dortmund holte mehr Zähler. Es verwunderte also nicht, dass Werder-Coach Werner gegen Mainz keine Experimente einging. Werder Bremen stellte sich im bekannten 5-3-2-System auf. Einzig im Mittelfeld nahm Werner zwei Umstellungen vor im Vergleich zur 1:2-Niederlage gegen Hoffenheim: Leonardo Bittencourt und Jens Stage bekleideten die Achterpositionen anstellte von Niklas Schmidt und Romano Schmid.
Mainz 05 überzeugt in der Rückrunde durch ihr intensives wie dynamisches Spiel. Trainer Bo Svensson stellt seine Mannschaft in einem 3-4-3-System auf. Gerade im Spiel gegen den Ball zeigt sich Mainz wandelfähig. Sie laufen den Gegner früh im 3-4-3 an, ziehen sich bei missglücktem Pressing aber ebenso schnell zurück. Dann lässt sich ein Stürmer ins Mittelfeld fallen, es entsteht ein kompaktes 5-3-2.
Gegen Werder Bremen begann Mainz 05 mit einem hohen Pressing. Sie ließen der Bremer Abwehrkette keine Ruhe, sodass diese häufig den langen Ball wählen musste. Werder ging im Pressing etwas behutsamer vor. Nur selten rückte Bittencourt auf eine Höhe mit den beiden Stürmern. In diesen Situationen störte Werder früh im 3-4-3. Zumeist waren die Bremer darauf bedacht, das Mittelfeld zu schließen. Aus einem nominellen 5-3-2 verfolgten die Bremer Mittelfeldspieler ihre Gegenspieler und stellten somit das Zentrum zu.
Die Taktik-Analyse zu Werder Bremens Unentschieden gegen den FSV Mainz 05: Beide Teams neutralisieren die Stürmer
Im Verlauf der ersten sechzig Minuten neutralisierten sich beide Teams mit ihrem taktischen Ansatz. Auffällig war, wie intensiv sämtliche Spieler in die Zweikämpfe gingen. Immer wieder rückten die Mittelfeldspieler oder Abwehrspieler heraus, um ihren Gegenspieler zu stellen. Auf dem ganzen Feld gab es zahllose direkte Duelle, sowohl in der Luft als auch am Boden schenkten sich die Spieler nichts. Mit zunehmender Spieldauer versuchten die Abwehrreihen, das Mittelfeld mit langen Bällen zu überbrücken. Werder Bremen suchte Niclas Füllkrug, die Mainzer ihren Sturmtank Ludociv Ajorque. Während Füllkrug sich teilweise weit fallenließ, blieb Ajorque in vorderster Linie. Werders Abwehrkette fiel frühzeitig nach hinten, um keine Räume hinter der Abwehr preiszugeben. Dadurch musste Werder zwar den Kampf um zweite Bälle etwas vernachlässigen, war in den Luftduellen gegen Ajorque jedoch präsent.
Werder schaffte es manche Male, das Pressing der Mainzer über Diagonalpässe auszuhebeln. In diesen Situationen fanden Anthony Jung und Marco Friedl, beide (halb-)links postiert, den halbrechts freistehenden Bittencourt. Werder Bremen leistete sich jedoch zu viele Fehler in den Anschlussaktionen, sodass aus diesen Aktionen keine Chancen entstanden. Mainz 05 wiederum konnte das Bremer Pressing einige Male über die herausrückenden Innenverteidiger knacken. Sobald Edimilson Fernandes mit dem Ball nach vorne spazierte, rückte das Bremer Mittelfeld heraus. Fernandes fand den freien Gegenspieler, der aufdrehen und Tempo aufnehmen konnte. Werder hatte jedoch eine einfache Lösung, um den Gegner zu stoppen: Fouls. Bereits in der ersten Halbzeit waren die Bremer mit 15 Fouls auf Kurs, den eigenen Saisonrekord zu knacken. Das taten sie mit sieben weiteren Fouls nach der Pause dann auch.
Werder Bremen dreht das Spiel zweimal - die Taktik-Analyse zum Wahnsinn gegen den FSV Mainz 05
Die abnehmende Zahl der Fouls deutet bereits an, wie sich die Partie nach der Pause wandelte: Gingen beide Teams bis zur 60. Minute noch mit ähnlicher Intensität ans Werk, musste Werder Bremen das Tempo danach drosseln. Sie postierten sich nun tiefer, während Mainz 05 weiterhin pausenlos im hohen 3-4-3 anlief. Werder bolzte die Bälle nur noch weg. Erneut waren die Mainzer Halbverteidiger entscheidend am Angriffsspiel beteiligt: Fernandes rückte auf halbrechts nach vorne, während Andreas Hanche-Olsen auf halblinks für eine Überzahl sorgte. Sie waren gegen das mannorientierte Bremer Spielsystem häufig die freien Akteure. Mit ihrer Hilfe schuf Mainz Überzahlen auf den Flügeln. Diese münzten sie wiederum in Flanken um. Allein in den finalen 20 Minuten schlugen die Gastgeber fünfzehn Flanken; zwei davon führten zu Mainzer Treffern.
Die Mainzer Führungen zum 1:0 (85.) und zum 2:1 (90.+2.) hielten nicht lange. Werder Bremens späte Tore folgten keinem tiefergehenden taktischen Muster. Sie schlugen den Ball nach Wiederanstoß schlicht kompromisslos nach vorne. Das Glück des Tüchtigen verhalf Werder zweimal zum Ausgleich. Verdient war dieser Ausgleich nur bedingt. Nach der 60. Minute stand es nach Torschüssen 12:5 für Mainz 05. Allein der in der 58. Minute eingewechselte Lee Jae-Sung gab in dieser Phase so viele Schüsse ab wie das gesamte Bremer Team. Werder konnte die Intensität der Gastgeber nicht über neunzig Minuten mitgehen.
Dafür konnte sich Werder-Coach Werner über eine starke Leistung seiner zuletzt kritisierten Defensive freuen. Dass Werder Bremen überhaupt so lange im Spiel blieb, war der starken Leistung der Fünferkette geschuldet. Auch wenn Werder mit nunmehr 52 Gegentoren weiter die zweitschlechteste Defensive stellt: Der erkämpfte Punkt hat Werder dem Klassenerhalt einen Schritt nähergebracht.