Werder Bremen nahm Max Kruse von Union Berlin gut aus dem Spiel. Doch dann musste Kruse verletzt raus - Pech für Werder.
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Werder Bremen nahm Max Kruse von Union Berlin gut aus dem Spiel. Doch dann musste Kruse verletzt raus - Pech für Werder.

1:3-Niederlage am Samstag

Kruse gestoppt, Pohjanpalo aber nicht: Wie Werder gegen Union verlor - die Taktik-Analyse

Werder Bremens Niederlagenserie geht weiter. Gegen Union Berlin legte Trainer Florian Kohfeldt den Fokus auf eine stabile Defensive. Sein Team ließ aber zu viele Standards zu. Union bestrafte die Bremer Fehler – und profitierte von einer verletzungsbedingten Auswechslung, meint unser Taktikanalyst Tobias Escher.

Der verlorene Sohn gegen seine alte Liebe: Erstmals seit seinem Weggang von Werder Bremen traf Max Kruse auf seinen Ex-Club. Seine erfolgreichste Zeit in Bremen hatte Kruse unter Florian Kohfeldt. Der Trainer wusste genau, wie er das Maximum aus seinem Schützling herauskitzeln konnte. Kein Wunder also, dass Kohfeldts Matchplan gegen Union Berlin ganz auf Kruse abgerichtet war. Kohfeldt hatte sich etwas einfallen lassen, um Kruse aus dem Spiel zu nehmen.

Werder Bremen-Taktik-Analyse gegen Union Berlin: Marco Friedl auf ungewohnter Position

Im Vergleich zur 0:1-Niederlage gegen Mainz nahm Florian Kohfeldt nur eine Änderung vor: Christian Groß ersetzte den verletzten Milos Veljkovic. Werder Bremen begann erneut in einer 5-2-1-2-Formation. Joshua Sargent agierte als Zehner hinter einer Doppelspitze aus Milot Rashica und Niclas Füllkrug.

Wie bereits gegen Mainz wollten die Bremer mit dieser Formation das Mittelfeld des Gegners aus dem Spiel nehmen. Union Berlin baute das Spiel in einem 5-3-2 auf. Sargent sollte den gegnerischen Sechser decken, die Doppelsechs dahinter übernahm die Doppelacht der Berliner. Der Gegner sollte nicht durch das Zentrum eröffnen dürfen.

Die wesentliche Veränderung im Vergleich zum Mainz-Spiel lag in der Rolle von Marco Friedl: Der normalerweise auf halblinks beheimatete Innenverteidiger wechselte auf die halbrechte Seite. Der Linksfuß spielte damit auf der vermeintlich „falschen Seite“. Das hatte einen defensivtaktischen Grund: Friedl sollte Max Kruse in Deckung nehmen. Dieser ließ sich häufig aus dem Sturmzentrum auf die halblinke Seite fallen. Sobald Kruse zurückwich, rückte Friedl aus der Abwehrkette heraus. Aus der Fünfer- wurde eine Viererkette. Friedl ließ dabei Kruse nie aus den Augen.

Werder Bremen-Taktik-Analyse gegen Union Berlin: Defensives Spiel ohne Risiko

Mann-gegen-Mann im Mittelfeld, Manndeckung auf Kruse: Bremens Spielidee war eher defensiv ausgerichtet. Bereits früh im Spiel zogen sich die Bremer in die eigene Hälfte zurück. Ihre Defensivformation verließen sie nur, wenn die Spieler ihren direkten Gegenspieler verfolgten. Aktives Vorrücken? Fehlanzeige. Werder überließ den Berlinern die Kontrolle über das Spiel.

Diese nahmen die Aufgabe an, beeilten sich im eigenen Ballbesitzspiel aber nicht allzu sehr. Unions Dreier-Abwehrkette gestaltete in Ruhe das Spiel. Werder Bremen verschloss in diesen Situationen die Passwege ins Mittelfeld. Kruse und die Mittelfeldspieler wichen weit auf die Flügel aus, um ihre Manndecker abzuschütteln. Es gelang ihnen aber nicht so recht.

Genauso wie Werder gingen auch die Berliner nicht mehr Risiko ein als nötig. Gerade das Mittelfeld hielt sich stark zurück, Läufe in die Tiefe gab es selten. Stürmer Joel Pohjanpalo agierte allein auf weiter Flur. Union spielte risikoarme Pässe auf die Flügel, passte aber selten bis nie mit Risiko in die Bremer Formation. Zumindest liefen sie somit nicht Gefahr, von Bremen ausgekontert zu werden. Die erste Halbzeit verging ohne Torchance auf beiden Seiten.

Werder Bremen-Taktik-Analyse gegen Union Berlin: Max Kruses Auswechslung für Werder ein Unglück

Max Kruse war derweil unauffällig geblieben. Sein Manndecker Friedl nahm ihn aus dem Spiel. Werders Matchplan ging in dieser Hinsicht auf. Es war daher fast schon ein Unglück für Bremen, dass Kruse zur Halbzeit verletzt ausgewechselt wurde. Mit seinem Ersatzmann Petar Musa kamen die Bremer nämlich nicht so gut klar.

Union Berlin agierte nach der Halbzeitpause wesentlich risikoreicher. Musa agierte als echte zweite Spitze neben Pohjanpalo und ließ sich nicht fallen. Das gab Union Tiefe im Angriff. Zugleich rückten die Mittelfeldspieler wuchtiger vor: Sie ließen sich nicht mehr tief auf den Flügel fallen, sondern sprinteten hinter Bremens Abwehr.

Zugleich fiel Werder Bremen die eigene Defensivstrategie auf die Füße: Bremens passive Verteidigung sowie ihr Plan, Union auf die Flügel zu lenken, hatte den Berlinern bereits vor der Pause ein halbes Dutzend Eckbälle beschert. Es war fast eine Frage der Zeit, wann die Berliner ein Tor nach einem Standard erzielen; immerhin sind sie in dieser Statistik das drittbeste Team der Liga. Bei der achten Ecke war es soweit: Pohjanpalo entwischte am zweiten Pfosten (50.).

Werder Bremen: Taktische Umstellung gegen Union Berlin kommt zu spät

Spätestens nach dem 0:1 brach Werders Matchplan auseinander. Werder musste aufrücken, Union konnte jetzt aus der eigenen kompakten Ordnung kontern. Musa sowie die herausrückenden Mittelfeldspieler verschafften den Berlinern die nötige Tiefe im Konterspiel. Gleich zweimal durfte Musa seinen Sturmpartner Pohjanpalo bedienen (53., 67.). Die lahme Bremer Innenverteidigung lief dem schnellen Finnen nur hinterher.

Nach dem 0:3 wechselte Kohfeldt gleich dreimal. Seine Umstellung auf ein 4-2-3-1-System verschaffte der Mannschaft etwas Luft. Werder Bremen störte den Gegner nun früher und unterband Pässe hinter die Abwehr. Offensiv blieb die Leistung weiter mau. Das 1:3 war eher eine Folge der passiver auftretenden Berliner als der Beginn einer Bremer Aufholjagd (82.).

Somit verlor Werder auch das siebte Bundesliga-Spiel in Folge. Während in der ersten Halbzeit der defensive Matchplan noch aufgegangen war, hatten die Bremer nach der Pause den spielstarken Unionern nichts entgegenzusetzen. Nachdenklich dürfte die Bremer auch stimmen, dass sie beim Stande von 0:0 keine nennenswerte Torchance kreieren konnte. Werder befindet sich mitten im Abstiegskampf, Trainer Florian Kohfeldt droht die Entlassung.

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