Werder Bremens Niederlage gegen den SC Freiburg in der Taktik-Analyse von Tobias Escher.
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Werder Bremens Niederlage gegen den SC Freiburg in der Taktik-Analyse von Tobias Escher.

Werder mit nächster Heimpleite

Glücklos ohne Niclas Füllkrug: Werders Niederlage gegen Freiburg in der Taktik-Analyse

Kein Füllkrug, kein Sieg. Auf diese einfache Formel lässt sich Werder Bremens 1:2-Niederlage gegen den SC Freiburg bringen. Unser Taktik-Kolumnist Tobias Escher analysiert, in welchen Bereichen Füllkrugs Abwesenheit Werder sogar genützt hat – und wieso die Niederlage komplett vermeidbar gewesen wäre.

Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass Niclas Füllkrug am Ende der Saison Werder Bremen verlässt. Wie ein Bremer Team ohne Füllkrug aussehen könnte, sahen Werders Fans bei der 1:2-Niederlage gegen den SC Freiburg. Das Ergebnis stimmt nicht gerade hoffnungsfroh. Die Präsenz des Stürmers fehlte vor allem in und um den Strafraum herum. Es lassen sich jedoch auch positive Aspekte aus der Partie ziehen.

Werder Bremen gegen SC Freiburg in der Taktik-Analyse: Unorthodoxes System der Breisgauer

Werders Trainer Ole Werner entschied sich, auch ohne seinen Top-Torjäger am bekannten 5-3-2-System festzuhalten. Maximilian Philipp ersetzte Füllkrug als zweiter Stürmer neben Marvin Ducksch. Werder Bremen verteidigte wie gewohnt flexibel: Wenn Freiburg das Spiel aus einer Dreierreihe aufbaute, rückte Leonard Bittencourt aus dem Mittelfeld nach vorne. Er lief zusammen mit Ducksch und Philipp die gegnerische Dreierkette an. Sobald der SC Freiburg sich nach vorne kombinierte, zog sich Bittencourt ins Mittelfeld zurück. Werder verteidigte dann in einem 5-3-2.

Bittencourt rückte vor allem in der ersten Halbzeit häufig heraus. Gäste-Trainer Christian Streich wählte im Aufbau eine etwas unorthodoxe Variante. Seine Formation schien auf dem Papier ein 4-2-3-1 zu sein. Roland Sallai agierte hinter Stürmer Lucas Höler. In der Praxis jedoch spielte Linksverteidiger Christian Günter wesentlich offensiver als sein Konterpart Lukas Kübler. Ähnlich asymmetrisch waren die Flügel aufgestellt: Ritsu Doan hielt seine Position auf der rechten Seite, wohingegen Linksaußen Vincenzo Grifo häufig in die Mitte zog. Es entstand eine sogenannte 3-4-3-Raute – eine Formation, die dem SC Freiburg im Spielaufbau häufiger nutzt, die aber ansonsten in der Bundesliga eher selten zu sehen ist.

Niederlage gegen SC Freiburg in der Taktik-Analyse: Werder Bremens Defensive aufmerksam

Das Ziel der Freiburger Variante lautet, eine Überzahl im Zentrum zu erzeugen. Die vier zentral positionierten Spieler sollten Werder Bremen ins Zentrum locken. Das wiederum sollte den vorrückenden Außenspielern Freiräume verschaffen. Der SC Freiburg wollte durch das Zentrum aufbauen und über die Flügel Tempo aufnehmen.

Werder schien jedoch bestens vorbereitet auf diese Variante. Das begann in vorderster Linie: Die anlaufenden Werder-Spieler ließen kaum Pässe ins Zentrum zu. Werder Bremen übte hohen Druck aus. So zwangen sie Freiburgs Innenverteidiger, entweder überhastet auf die Außen zu spielen – oder den Ball lang zu schlagen. Werders Abwehr pflückte diese Bälle herunter. Auch im Mittelfeld agierte Werder gewohnt nah am Mann. Damit der SC Freiburg hier keine Überzahl erzielen konnte, rückten die Innenverteidiger immer wieder flexibel heraus. Nachdem Zehner Sallai im Zentrum kaum Zuspiele erhalten hatte, wich er immer häufiger auf die Flügel aus. Aber auch diese Bewegungen nahm Werders Sechser Christian Groß routiniert auf.

Die Grafik zeigt das Spielsystem der Freiburger sowie Werder Bremens Antwort darauf. Der SC Freiburg formierte das nominelle 4-2-3-1-System zu einer sogenannten 3-4-3-Raute um. Die Bremer hielten gegen, indem Leonardo Bittencourt immer wieder herausschob und zusammen mit Maximilian Philipp und Marvin Ducksch den gegnerischen Aufbau störte.

Die Taktik-Analyse zu Werder Bremen gegen den SC Freiburg: Niclas Füllkrugs Präsenz fehlt

Positiv fiel auf, wie nahtlos sich Philipp in das Defensivspiel einfügte. Er rückte immer wieder auf die Flügel, um die äußeren Innenverteidiger der Freiburger anzulaufen. Hier war kein Qualitätsabfall zu den Spielen mit Füllkrug zu spüren. Im Gegenteil: Vergleicht man über die Seite FBref.com Füllkrugs Defensivstatistiken mit sämtlichen Stürmern der Top-Fünf-Ligen Europas, findet er sich im unteren Drittel wieder. Im Angriffsspiel war Füllkrugs Fehlen indes deutlich zu spüren. Zwar gelang es Werder Bremen, mit schnellen Steil-Klatsch-Kombinationen nach vorne zu rücken. Werder machte es genau andersherum als die Breisgauer: Der SC Freiburg wollte den Gegner ins Zentrum locken und die Flügel ausnutzen. Werder wollte den Gegner in die Breite locken und das Zentrum attackieren.

Die aufrückenden Bremer Außenverteidiger banden die gegnerischen Außenstürmer. Freiburgs Doan musste gegen Anthony Jung viel Defensivarbeit verrichten. Er reihte sich teilweise als fünfter Verteidiger in die Abwehrkette ein, wodurch Freiburg in einem 5-2-3 verteidigte. Der SC Freiburg konnte so zwar die Breite verteidigen, geriet aber im Zentrum in Unterzahl. Werder Bremen gelang es immer wieder, mit direkten Pässen auf Philipp oder Ducksch in das Zentrum zu gelangen. Die Stürmer legten den Ball ab, Werder konnte mit Tempo auf die Kette zulaufen. War Werder erst einmal im letzten Drittel angelangt, versandeten die Angriffe jedoch. Freiburg zog sich schnell zurück. Werder wagte ohne Füllkrug keine Flanken, bot aber auch keine schnellen Kombinationen, um Freiburgs Abwehr anderweitig zu beschäftigen. So konnte Werder die eigenen Vorteile im Spielaufbau nur selten ausspielen. Insofern überwogen die Nachteile von Füllkrugs Abwesenheit.

Abwehrfehler kosten Punkte: Die Taktik-Analyse zu Werder Bremens Pleite gegen den SC Freiburg

Dass Werder Bremen die Partie am Ende verlor, hatte indes wenig mit dem Fehlen Füllkrugs zu tun. Die schnelle Führung nach der Pause (46.) spielte Werder eigentlich in die Karten: Freiburg musste aufrücken, wogegen Werder sich auf das starke Pressing verlassen konnte. Gerade Doan agierte in der Folge merklich offensiver. Der SC Freiburg verteidigte im 4-4-2 und hatte große Mühen, die Flügel zu schließen.

Werder Bremens Gegentore hatten weniger taktische Ursachen, sondern waren viel eher einer schlampigen Abwehr geschuldet. Vor dem Ausgleichstreffer (67.) genügte ein langer Freistoß aus der Freiburger Hälfte, um die gesamte Bremer Defensive auszuhebeln. Kein Verteidiger sicherte die Tiefe, sodass Sallai frei einschießen konnte. Auch vor dem 1:2 (71.) stand Sallai völlig frei. Diesmal folgte ihm kein Bremer bei einem seiner Ausflüge auf den Flügel. So fand seine Flanke Stürmer Höler im Zentrum.

In der Schlussphase versuchte Werder Bremen mit der Brechstange den Ausgleich zu erzwingen. Amos Pieper kam auf das Feld und sortierte sich als Stürmer ein. Doch obwohl seine Mitspieler langen Ball um langen Ball in den Strafraum schlugen: Der erhoffte Ausgleichstreffer blieb aus. Dass Werner in der Verzweiflung einen Innenverteidiger zum Zielspieler beförderte, unterstreicht, wie elementar wichtig Füllkrug für diese Mannschaft derzeit ist.

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