Letsch im DeichStube-Interview
„Der Code ist nicht entschlüsselt“: Bochums Trainer Thomas Letsch über Werders Spielweise und den Abstiegskampf
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Am Samstagnachmittag empfängt der SV Werder Bremen den VfL Bochum (15.30 Uhr, im DeichStube-Liveticker. Die DeichStube hat im Vorfeld mit dem Gäste-Trainer Thomas Letsch über die Bremer, den Abstiegskampf und seinen Werdegang gesprochen.
Bochum- Als Thomas Letsch den VfL Bochum im September übernahm, war das Team mit nur einem Punkt auf dem Konto Schlusslicht der Bundesliga – mittlerweile ist die Hoffnung auf den Klassenerhalt aber an die Castroper Straße zurückgekehrt. Aus bisher 14 Spielen hat der 54-Jährige 18 Zähler geholt, in Bremen, so sein Plan, sollen nun weitere dazukommen. Vor dem Duell mit Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr, im DeichStube-Liveticker) hat Letsch der DeichStube ein Interview gegeben. Dabei sprach er über Personalprobleme, die dauerhafte Außenseiterrolle seines Teams und die Spielweise des Gegners, vor der er großen Respekt hat: „Von dem Gedanken, dass der Werner-Code entschlüsselt sei, halte ich gar nichts.“
Herr Letsch, im Internet habe wir keine Informationen über Ihre Karriere als Spieler gefunden. In welcher Liga haben Sie gespielt?
In der Oberliga Baden-Württemberg. Es ist bei mir schon einige Jahre her. Zu dem Zeitpunkt wurde die 3. Liga eingeführt, also war die Oberliga damals die vierthöchste Liga.
Wie andere Trainerkollegen auch haben Sie nicht in den höchsten Profiligen gespielt. Was macht das mit dem Trainer Letsch? Ist es ein Nachteil, oder eher ein Vorteil?
Weder noch. Ich glaube zwar, dass ein Trainer, der in den oberen Spielklassen aktiv gewesen ist, weiß, wie alles abläuft. Allerdings ist der Trainerberuf etwas ganz anderes als die Zeit als Spieler. Entscheidend ist die gute Ausbildung als Trainer. Wenn dann noch der Background als Ex-Spieler dazukommt, ist es umso besser.
Thomas Letsch über einen Vergleich zu Werder Bremens Ole Werner: „Da sehe ich schon einen kleinen Unterschied“
Bei Werder Bremen, dem kommenden Gegner des VfL Bochum, gab und gibt es Trainerpersönlichkeiten mit einem vergleichbaren Werdegang. Ole Werner und zuvor Florian Kohfeldt waren auch in unteren Klassen aktiv.
Richtig, doch ich sehe schon einen kleinen Unterschied. Die beiden genannten Kollegen sind deutlich jünger als ich. Ich bin nun schon ein paar Jahre dabei.
Wie sieht es aus mit der Akzeptanz bei den Kollegen aus der Bundesliga?
Da gibt es keinerlei Probleme. Ich habe mich schon mit so prominenten Kollegen wie Antonio Conte bei Tottenham oder José Mourinho bei AS Rom messen müssen. Es wäre doch auch schlimm, wenn es anders wäre. Das eine hat mit dem anderen doch nichts zu tun.
In Bochum haben Sie einen erfolgreichen Einstand gefeiert - fünf Heimsiege in Folge. Diese Serie ist am vergangenen Wochenende bei der Niederlage gegen Freiburg gerissen. Was ist schiefgelaufen?
So viel war gar nicht verkehrt in unserem Spiel. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Freiburg eine echte Spitzenmannschaft ist, bekanntlich auf Platz vier steht. Bei unseren Erfolgen im eigenen Stadion zuvor ist uns vieles gelungen. Es geht in der Bundesliga immer recht eng zu, Kleinigkeiten entscheiden. Kleinigkeiten, die halt gegen Freiburg nicht gepasst haben. Wir in Bochum können nicht davon ausgehen, dass wir jedes Heimspiel gewinnen. Der VfL geht einfach in jedes Spiel als Außenseiter.
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VfL Bochum vor Werder Bremen mit Personalsorgen: „Es sind schon einige Ausfälle“
Auch nun bei der Reise nach Bremen?
Mit Sicherheit, weil Werder ein Aufsteiger ist, der kein klassischer Neuling ist.
Bochum ist auswärts weniger erfolgreich als zu Hause. Erst ein Sieg in Augsburg ist bisher notiert. Woran liegt das?
Das ist für mich kein großes Thema. Natürlich haben wir in Bochum kleine Vorteile: unser Stadion, die Fans im Rücken. Wenn man dann Spiele gewinnt, erhöht sich auch das Selbstbewusstsein. Doch daheim oder auswärts, das macht für mich keinen Unterschied. Wir haben nun nach langer Zeit ein Heimspiel verloren, was wir auswärts korrigieren möchten.
Kapitän Anthony Losilla ist nach dem Platzverweis gegen Freiburg gesperrt. Simon Zoller fällt mit Muskelbeschwerden aus. Schlimme Personalsorgen für Sie?
Dazu kommt noch Gerrit Holtmann (zog sich gegen Freiburg eine Meniskusverletzung zu, Anm. d. Red.). Es sind schon einige Ausfälle. Ganz anders als vor zwei Wochen, als fast alle Spieler zur Verfügung standen und wir eine produktive Konkurrenzsituation hatten. Doch wir haben einen Kader, der das auffangen kann. Und ich bin jemand, der nicht so gern darüber spricht, wer fehlt. Ich beschäftige mich eher mit denen, die da sind.
Sind die zuletzt ausgefallenen Profis wie Christian Gamboa, Kevin Stöger und Danilo Soares wieder einsatzfähig?
Gamboa ist teilweise wieder im Training, doch noch nicht matchfähig. Die beiden anderen sind dabei.
VfL Bochums Thomas Letsch über Werder Bremen: „Mischung aus mannschaftlicher Geschlossenheit und individueller Klasse“
Kommen wir zu Werder: Was schätzen Sie am Kontrahenten? Wo sehen Sie die Bremer Stärken?
Werder hat eine klare Struktur, spielt in der Regel im 5-3-2-System mit exakten Abläufen. Ich sehe eine Geschlossenheit, jeder weiß, was der andere tut. Dazu kommen individuelle Stärken: Ducksch und Füllkrug sind gefährliche Stürmer, auch Weiser ist auf der rechten Seite zu beachten, wenn er fit ist. Bittencourt und Schmid sind effizient auf den Achterpositionen. Kurzum: Werder hat eine Mischung aus extremer mannschaftlicher Geschlossenheit und individueller Klasse.
Beobachter in Bremen merken kritisch an, die von Ihnen gelobte Grundordnung sei in der Liga längst entschlüsselt worden. Ist es also eine einfache Herangehensweise für Sie, oder müssen Sie mit Überraschungen rechnen?
Das muss ich immer, wie alle Kollegen in der Liga. Wir haben Bremen analysiert und unsere Ideen entwickelt, wie wir vorgehen wollen. Doch das ist die Theorie, das andere ist die Praxis, was auf dem Platz abläuft. Doch von dem Gedanken, dass der Werner-Code entschlüsselt sei, halte ich gar nichts. Seit Ole Werner in der 2. Liga die Mannschaft übernommen hat, ist eine positive Entwicklung zu sehen. Ich habe großen Respekt vor dieser Mannschaft.
Glauben Sie, dass Werder mit dem harten Abstiegskampf nichts mehr zu tun haben wird?
Werder besitzt schon ein gutes Polster. Ich gehe davon aus, dass Bremen nicht mehr da unten reinrutscht.
Wie sehen Sie die Chancen Ihres VfL Bochum, am Ende in der Liga zu bleiben?
Wir haben immer gesagt, dass wir zwei, am besten drei Teams hinter uns lassen wollen und müssen. Als ich hierherkam, stand der VfL abgeschlagen am Tabellenende. Nun sind wir wieder im Geschäft, doch es bleibt eine Momentaufnahme. Es hat sich eine Gruppe gebildet, inklusive Hoffenheim und Stuttgart, die dieselbe Punktzahl wie wir aufweisen. Mal schauen, ob noch jemand von oben dazukommt. Andererseits wäre es töricht, beispielsweise Schalke schon abzuschreiben. Es wird bis zum Schluss knapp bleiben und für uns hart werden, über den Strich zu kommen. (hgk)