TV-Experte im DeichStube-Interview
„Füllkrug und Ducksch werden nicht zu halten sein“: Union-Legende Torsten Mattuschka über Werders Sturmduo und Diskussionen um Ole Werner
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Torsten Mattuschka spricht im DeichStube-Interview über das Spiel von Werder Bremen gegen Union Berlin, die Zukunft von Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch - und warum eine Diskussion um Ole Werner „absoluter Dünnschiss“ ist.
Bremen - Torsten Mattuschka ist eine Legende bei Union Berlin und inzwischen als Markenbotschafter für den letzten Gegner des SV Werder Bremen in dieser Saison (Samstag, 15.30 Uhr/DeichStube-Liveticker) aktiv. Im Interview mit der DeichStube lobt der 42-Jährige die Grün-Weißen für ihre Saison und spricht dem Trainerteam ein dickes Kompliment aus – allerdings rechnet der Zweitliga-TV-Experte auch fest mit einem Abgang von Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch.
Union Berlin steht vor der Qualifikation für die Champions League. Kann Werder zum Spielverderber für die „Eisernen“ werden, Torsten Mattuschka?
Natürlich, ich traue den Bremern diese Rolle durchaus zu. Als Aufsteiger haben sie eine sehr gute Saison gespielt.
Wie sehen Sie die Ausgangslage für Union?
Ich hoffe, dass die Mannschaft auch im letzten Heimspiel ungeschlagen bleibt. Und dass die Spieler mit der Unterstützung der herausragenden Fans das bekannte Feuer an der Alten Försterei entfachen und die Partie irgendwie gewonnen wird. Und dann: Union und Champions League – das ist ja eigentlich absurd. Dieser Club in der europäischen Königsklasse, normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit. Wer das vor drei, vier Jahren angesprochen hätte, wäre für verrückt erklärt worden.
Union marschiert, sowohl national als auch international. Wird Ihnen nicht schwindlig bei diesem ungebremsten Aufstieg?
Es ist phänomenal. Alle haben erwartet, dass irgendwann das Stoppsignal kommt. Doch bei Union sagen sie sich: Nein, hier ist noch nicht Schluss. Wir machen einfach weiter wie bisher. Die Mannschaft gehörte fast immer zum Spitzenquartett, stand acht, neun Spieltage sogar auf Platz eins. Also will sie nun das Riesending perfekt machen. Somit würde es einer Enttäuschung gleichkommen, wenn am Ende nur Platz fünf herausspränge. Obwohl: Auch der wäre für Union noch Wahnsinn. Aber die Champions League wäre noch mal ein neuer Meilenstein in der Historie. Das Geld, das in diesem Wettbewerb generiert wird, wäre ein Quantensprung.
Torsten Mattuschka vor Werder Bremen-Spiel: „Jede Saison in der Bundesliga ist ein Segen für Union Berlin“
Union ist in jeder Hinsicht obenauf, nach dem Abstieg der Hertha die klare Nummer eins in der Hauptstadt.
Ich finde Herthas Abstieg schade, weil die Derbys fehlen werden. Andererseits hat es Hertha BSC verdient. Schlimm, was dort in den letzten Jahren veranstaltet worden ist. Doch der Niedergang kann auch eine Chance sein, aus der Not eine Tugend zu machen. Hertha muss wieder zurückfinden zur eigenen DNA. Der Weg zurück kann beschwerlich sein. Wieder aus der 2. Liga hochzukommen, das kann dauern – siehe das Beispiel HSV.
Gegenbeispiel Union: Hat der Verein trotz der nicht enden wollenden Erfolge die Identität behalten?
So ist es. Alle wissen und vergessen nicht, wo der Club herkommt. Es wird ehrliche Arbeit geleistet, harte Arbeit auf allen Ebenen. Basis ist eine geschickte Kaderplanung. Dazu kommen ein optimales Spielsystem und eine Gruppe, die unglaublich funktioniert – auch außerhalb des Platzes. Und es werden keine unrealistischen Zielvorgaben entworfen. Niemand spinnt und glaubt nun, dass ein Rang an der Spitze der Bundesliga realistisch ist. Mit anderen Worten: Jede Saison in der Erstklassigkeit ist ein Segen und Gewinn für Union.
Sie haben die beiden entscheidenden Führungspersönlichkeiten angesprochen. Was zeichnet Trainer Urs Fischer und Manager Oliver Ruhnert aus?
Was soll man zu Urs noch sagen? Er ist ein Glücksgriff. Was er Jahr für Jahr macht, ist unglaublich. Er hat das Team stabilisiert, er hält die Spieler bei Laune, gerade auch die Reservisten. Er hat einen klaren Plan, ist manchmal zu sehr detailverliebt. Sein Spielsystem, das von der Kompaktheit lebt, ist ausgeklügelt. Es ist schwer, sich gegen Union Chancen zu erspielen. Wenige Gegner haben Bock, gegen diese Truppe anzutreten.
Und Manager Ruhnert?
Es passt alles bei ihm, auch in finanzieller Hinsicht. Mit den Scouts und dem Trainerteam hat er hervorragende Transfers getätigt. Seine Bilanz kann sich sehen lassen. Mehr als 150 Transfers hat er zu verantworten, wie ich gelesen habe. Ich kann mich kaum an Profis erinnern, die nicht funktioniert haben. Eine Personalpolitik mit viel Fantasie.
Union Berlin-Legende Torsten Mattuschka lobt Werder Bremen und hat null Verständnis für Kritik an Ole Werner
Auch an anderer Stelle wird sein Wirken geschätzt. Ruhnert soll als Sportdirektor beim DFB im Gespräch sein.
Es wäre für ihn eine einmalige Chance. Könnte sein, dass Union ihn verliert. Ich denke, dass dann Michael Parensen, seine rechte Hand, aufrücken würde, möglicherweise mit einem neuen Mann von außen an seiner Seite. Es wäre eine Herausforderung, ein enorm schweres Erbe, doch ich traue es Parensen zu.
Zum aktuellen Gegner: Haben Sie Werder eine derartige Saison zugetraut?
Ich hatte erwartet, dass Bremen eine vernünftige Rolle spielen könnte. Werder hat guten, attraktiven Fußball gezeigt und ihn auch bei Widerständen und Rückschlägen durchgezogen. Werder ist eine Bereicherung für die Liga. In Niclas Füllkrug stellt die Mannschaft voraussichtlich den Torschützenkönig. In Ole Werner und seinem Assistenten Patrick Kohlmann, dem alten Unioner, besitzt Bremen ein vorzügliches Trainerteam. Fazit: Hut ab vor Werder, das eine relativ entspannte Spielzeit hingelegt hat.
Nach der nicht so optimalen Rückrunde kommt neuerdings Kritik am Chefcoach auf. Können Sie die Diskussionen nachvollziehen?
Sorry, für mich ist es absoluter Dünnschiss, Ole Werner infrage zu stellen. Was soll er denn mit diesem Team eines Neulings veranstalten? In der Zweitligasaison haben die Bremer den Kader umgebaut, was bei den minimalen finanziellen Möglichkeiten durchaus gelungen ist. In dieser Spielzeit ist der Klassenerhalt souverän perfekt gemacht worden. Was erwarten die Leute denn? Ich bekomme die Krise, wenn ich das höre.
Was passiert im nächsten Jahr, falls Stützen wie Füllkrug und Ducksch, Weiser oder Friedl weggehen sollten?
Wenn Werder diese Achse verlieren sollte, wird es natürlich noch schwerer. Es kommt darauf an, bei den möglichen Verkäufen gutes Geld zu generieren, um einigermaßen qualitativen Ersatz zu besorgen.
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Torsten Mattuschka erwartet Werder Bremen-Abgänge von Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug: „Nicht zu halten“
Toptorjäger Füllkrug hat seine Pläne noch nicht offengelegt. Was glauben Sie? Geht oder bleibt er?
Es ist doch klar, dass er nicht zu halten sein wird. Er wird seinen letzten großen Vertrag unterschreiben. Logo, dass er sich finanziell verbessern, seine Familie absichern und die Gunst der Stunde als Nationalspieler nutzen möchte. Ducksch wird wahrscheinlich auch nicht zu halten sein. Ich habe gelesen, dass er bei Union im Gespräch ist, weiß aber nicht, was da dran ist. Es ist durchaus möglich, dass er kommt. Weiser ist mit seiner Qualität begehrt, Friedl als Linksfuß und Nationalspieler Österreichs in einem guten Alter auch. Die Aufgabe für Werder, für die Entscheider Frank Baumann und Clemens Fritz, wird nicht leicht. Sie müssen neue Lösungen suchen und finden.
Der Anfang ist gemacht. Mit dem Düsseldorfer Dawid Kownacki wurde ein Offensivspieler verpflichtet, der auch bei Union auf der Wunschliste stand. Was glauben Sie: Warum hat er sich so entschieden?
Vermutlich rechnet er sich größere Möglichkeiten aus, in Bremen zum Einsatz zu kommen. Er kommt aus der 2. Liga und hat das Ziel, eine Etage höher kontinuierlich zu spielen. Ein verständlicher Wunsch und eine schlüssige Überlegung, weil – wie gesagt – nicht nur ich davon ausgehe, dass Werder beide Stürmer verlieren wird.
Sie sind Zweitliga-Experte. Ihr Tipp zum dortigen Aufstiegskampf: Wer geht direkt nach oben? Heidenheim oder Hamburg?
Ich habe stets den HSV favorisiert, doch nun schwenke ich um. Beide gewinnen die letzte Partie, also steigt Heidenheim direkt auf.
Schafft der HSV in der Relegation den ersehnten Wiederaufstieg?
Es kommt darauf an, was am Samstag in der Bundesliga passiert und wer der Gegner sein wird. Es wird ein Fifty-fifty-Spiel. Ich wage da keine Voraussage. Ich bin ein Gegner dieser Entscheidungsspiele und hätte lieber drei Aufsteiger und drei Absteiger. (hgk)
Ich wette, dass mindestens einer von beiden bleibt!