Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Trainer Ole Werner änderte seine Formation im Vergleich zum Wolfsburg-Spiel nur auf einer Position.
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Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Trainer Ole Werner änderte seine Formation im Vergleich zum Wolfsburg-Spiel nur auf einer Position.

Werder-Sieg in der Analyse

Füllkrug mal nicht der Torjäger: Wie Werder in Stuttgart gewann - die Taktik-Analyse

Werder Bremen holt in einem engen Spiel drei Punkte gegen den VfB Stuttgart. Garanten für den Sieg waren die Innenverteidiger sowie Niclas Füllkrug. Der Torjäger bewies, warum er nicht nur aufgrund seiner Tore für Werder unverzichtbar ist, meint unser Taktik-Kolumnist Tobias Escher.

Eigentlich kann Werder Bremen nur gewinnen, wenn Niclas Füllkrug trifft. Bei den vergangenen sieben Pflichtspiel-Siegen erzielte Füllkrug mindestens einen Treffer. Am Wochenende riss diese Serie. Dennoch wäre der 2:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart ohne das Zutun des Stürmers kaum möglich gewesen. Füllkrug war an beiden Toren beteiligt – nur eben nicht als Torjäger, sondern als Vorbereiter. Der Nationalstürmer war ein gewichtiger Faktor, warum Werder ein enges Spiel für sich entscheiden konnte.

Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Die Mittelfeldreihen neutralisieren sich

Werders Trainer Ole Werner musste gegen den VfB Stuttgart einen Schlüsselspieler ersetzen. Mitchell Weiser fehlte aufgrund einer Gelbsperre. Leonardo Bittencourt übernahm dessen Rolle als Rechtsverteidiger. So musste Werner das Dreier-Mittelfeld aus Niklas Schmidt, Jens Stage und Christian Groß nicht sprengen. Das Trio hatte beim 2:1-Sieg des SV Werder Bremen gegen den VfL Wolfsburg überzeugt.

Eine kleine taktische Änderung nahm Ole Werner dennoch vor: Werder Bremen verteidigte nicht im klassischen 5-3-2, sondern eher in einer Art 5-2-1-2. Der Grund dafür lag in der Spielweise des Gegners. Der VfB Stuttgart läuft unter dem neuen Trainer Bruno Labbadia in einem 4-3-3-System auf. Werner wollte das Mittelfeld des Gegners mannorientiert aus dem Spiel nehmen. Dazu nahm Schmidt den gegnerischen Sechser Atakan Karazor in Manndeckung, Stage und Groß kümmerten sich um Stuttgarts Achter.

Dennoch fanden die Stuttgarter zunächst besser ins Spiel. Zwar stand Werder Bremens Mittelfeld eng am Mann. Doch der VfB konnte auf die Überzahl in der ersten Aufbaulinie vertrauen. Rechtsverteidiger Waldemar Anton verblieb im Spielaufbau tief, während Linksverteidiger Nikolas Nartey weit nach vorne rückte. Der VfB Stuttgart spielte die Drei-gegen-Zwei-Überzahl geduldig aus. So hatte der VfB in den ersten 25 Minuten ein klares Ballbesitzplus, ihr Wert lag über 60%.

Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Beide Teams finden die Lücken nicht

Dem VfB Stuttgart gelang es zwar nicht durchgehend, diesen Ballbesitz auch in die gegnerische Hälfte zu tragen. Sie hatten jedoch immer wieder gute Einfälle, die Werder Bremen vor Probleme stellten. Stuttgarts Mittelfeldspieler bewegten sich häufig nach außen. Zwar bekamen sie auch dort keine Bälle, da Stage und Christian Groß sie minutiös verfolgten. Allerdings gelang es den Stuttgartern durch diese Rochaden, das Zentrum zu öffnen.

Linksaußen Chris Führich schlich sich immer wieder in die Mitte. Der VfB Stuttgart überspielte das Mittelfeld und versuchte, direkt aus der Abwehr zu Führich oder zu Sturmtank Serhou Guirassy zu gelangen. In den meisten Situationen waren Werder Bremens Innenverteidiger auf der Hut. Sie rückten rechtzeitig heraus, um die Pässe abzufangen. Dank der individuellen Stärke der Bremer Verteidiger konnte Stuttgart das taktische Übergewicht nur selten in Chancen umwandeln.

Die Grafik zeigt die Offensivformation von Werder Bremen und die Defensivformation des VfB Stuttgarts. Wenn sich die Stuttgarter Außenverteidiger ins Zentrum locken ließen, hatten Bittencourt und Jung auf dem Flügel Platz für Vorstöße.

Werder Bremen gelang es deutlich seltener, in das letzte Drittel zu gelangen. Sie hatten ihre beste Möglichkeiten, wenn sie die gegnerischen Außenstürmer ins Zentrum lockten. Die Abwehrkette des VfB Stuttgart verteidigte eher eng, während die Außenstürmer die Breite abdecken sollten. Gingen diese ins Zentrum, war der Weg frei für Bittencourt und Anthony Jung. Sämtliche guten Angriffe Werders kamen über die Flügel.

Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Füllkrug macht den Unterschied

Nach einer halben Stunde ließ die Intensität der Partie merklich nach. Der VfB Stuttgart hatte mit der frühen Verletzung von Guirassy zu kämpfen. Seine Durchsetzungsstärke und sein Tempo fehlten im Angriffsdrittel. Die Spieler des SV Werder Bremen wiederum hatten verstanden, dass sie selbst durchaus den Ball länger laufen lassen konnten. Stuttgart wagte im eigenen 4-3-3 kein zu hohes Pressing, speziell dann nicht, wenn sich Jung tief im Aufbau positionierte. Zwischen der 30. und der 60. Minute hatte Werder mehr Ballbesitz als der Gegner.

Den Unterschied machte am Ende nicht das Ballbesitzspiel der Bremer. Zu Toren kam Werder Bremen, als sie den Ball nicht laufen ließen, sondern einfach trocken nach vorne bolzten. Für diese Pakete ohne Adressaufkleber fühlte sich Niclas Füllkrug zuständig. Er ließ sich jeweils fallen, um den Ball zu halten und weiterzuleiten.

Füllkrugs Ablagen avancierten zum entscheidenden Unterschied zwischen beiden Teams. Er konnte sich gegen Karazor und die Innenverteidiger des VfB Stuttgart mehrfach durchsetzen. Beiden Treffern des SV Werder Bremen ging eine Ballbehauptung durch Füllkrug voraus. Stage und Ducksch veredelten diese Aktionen. Selbst wenn Niclas Füllkrug selbst nicht trifft, ist seine körperliche Präsenz nicht zu ersetzen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart in der Taktik-Analyse: Stuttgarter bestrafen fehlende Intensität nicht

Nach dem ersten Tor (59.) erlangte Werder Bremen kurze Zeit die absolute Feldhoheit. Das sollte sich nach dem 2:0 (77.) ändern. Nicht nur, dass der VfB Stuttgart nun mit dem Mut der Verzweiflung angriff. Auch Werder agierte nicht mehr so griffig wie zuvor. Sie vernachlässigten die Manndeckung im zentralen Mittelfeld. Allein Genki Haraguchi und Karazor spielten in der Schlussviertelstunde genauso viele Pässe wie alle Bremer zusammengenommen. Mangels Bremer Gegenwehr kam jeder dieser Pässe an.  

Zum Glück für Werder konnte Stuttgart die neu gewonnene Dominanz nicht in Tore umwandeln. Während Stuttgart sämtliche Möglichkeiten vergab, genügten Werder zwei Sonntagsschüsse zum Sieg. Diesen Sonntagsschüssen sowie einem unermüdlichen Niclas Füllkrug war es zu verdanken, dass Werder Bremen die enge Partie beim VfB Stuttgart gewinnen konnte.

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