Werders Nachlässigkeiten zu Beginn der Halbzeiten
Gefährlicher Sekundenschlaf: Werder schludert auffallend häufig unmittelbar nach dem Gang aus der Kabine
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Der SV Werder Bremen zeigt in den Bundesliga-Spielen in diesem Jahr ungewohnt viele Nachlässigkeiten nach dem Gang aus der Kabine. Welche Gründe die Bremer Schläfrigkeit haben kann.
Bremen – Der Satz ist ebenso wahr wie abgedroschen: „Wir müssen sofort hellwach sein.“ Kaum ein Spieltag in der Fußball-Bundesliga vergeht, an dem diese Worte nicht im Vorfeld eines wichtigen Spiels fallen. Auch am Osterdeich sind sie immer mal wieder zu hören. Und in diesen Tagen womöglich noch etwas häufiger, denn der SV Werder Bremen hat allein im Jahr 2023 schon drei unliebsame Begegnungen mit eigenen Nachlässigkeiten nach dem ertönten Anpfiff des Schiedsrichters gemacht. Grund genug also, das Thema intern auf die Agenda zu heben.
Werder Bremens Clemens Fritz über die Schläfrigkeit nach dem Gang aus der Kabine: „Da sollten wir sensibilisiert sein“
„Da sollten wir sensibilisiert sein“, fordert auch Clemens Fritz im Gespräch mit der DeichStube. Dem Leiter Profifußball des SV Werder Bremen ist der unschöne Fehlstart-Trend ebenfalls schon aufgefallen, gern gesehen hat er ihn nicht. „Gegen Union hat das damals direkt zu einem Gegentor geführt“, erinnert der 42-Jährige. In besagtem Spiel gegen Union Berlin hatte es bekanntlich 1:1 zur Pause gestanden, weil Amos Pieper erst zur Führung traf, sich dann aber Minuten später einen bösen Patzer vor dem Ausgleich erlaubte. Die viertelstündige Auszeit hatten die Bremer dann eigentlich nutzen wollen, um sich darauf zu besinnen, weniger fehlerhaft zu agieren – nur um dann exakt acht Sekunden nach Wiederanpfiff eine Ecke zu verursachen. Die direkt zum 1:2 führte. „Dass man einen Standard gegen Union kassiert, kann wegen der großen Spieler mal passieren. Der Zeitpunkt ist aber natürlich sehr, sehr schlecht“, bemängelte Leonardo Bittencourt schon damals. Und auch Trainer Ole Werner monierte: „Wir kommen raus und verschlafen den Start komplett, indem wir nach dem Anstoß, obwohl wir extra noch darauf hingewiesen haben, sehr nachlässig sind und nur zur Ecke klären können. Und die verteidigen wir dann auch nicht gut.“
Doch das war erst der Anfang der Versäumnisse: Ein paar Tage später folgte zwar der erlösende Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg, doch viel hätte nicht gefehlt und Werder Bremen wäre trotz eigenen Anstoßes schon nach handgestoppten 46 Sekunden erneut in Rückstand geraten. Letztlich bügelte Torhüter Jiri Pavlenka im Duell mit Patrick Wimmer einen vorherigen Fehlpass von Niklas Stark wieder aus. „Das hat uns dann nochmal aufgeweckt“, gab Kapitän Marco Friedl hinterher zu, doch es dürften sich alle einig gewesen sein, dass Wachmacher dieser Art eher vermieden werden sollten und nur selten ein positives Ende finden. Und auch zuletzt ging es gerade nochmal gut. Gegen Borussia Dortmund musste abermals Pavlenka retten, als Marco Reus lediglich 19 Sekunden nach dem Seitenwechsel freistehend vor ihm auftauchte. Eine Niederlage gab es zwar auf anderem Wege dennoch, die Bremer täten allerdings gut daran, sich das Leben auf der Jagd nach dem Klassenerhalt nicht selbst unnötig schwerer als nötig zu machen. Wenig überraschend wünscht sich Clemens Fritz deshalb: „Es ist wichtig, dass wir besser aus der Halbzeit kommen und konzentrierter sind.“
Werder Bremens Clemens Fritz: „Die Jungs werden während der Pause nicht mit Informationen überflutet“
Die große Frage ist nun natürlich, wo dieser Mangel an Konzentration in den Anfangsphasen herkommt. An fehlenden Hinweisen des Trainerteams kann es eigentlich nicht liegen, wenn Ole Werner und seine Assistenten – wie erwähnt – explizite Verhaltensanleitungen mit auf den Weg auf den Rasen geben. Vielleicht ist der Input ja zu groß? Dieser Überlegung widerspricht Clemens Fritz vehement. „Die Jungs werden während der Pause nicht mit Informationen überflutet“, unterstreicht der 42-jährige Ex-Profi von Werder Bremen. „Ole Werner spricht genau das an, was auffällt. Es ist jedoch nicht so, dass danach eine Überlastung herrschen könnte.“
Ähnlich sieht es Mittelfeldspieler Jens Stage, der die Tipps zu hören bekommt und anschließend mit seinen Kollegen umsetzen soll. Auch er verneint eine Informationsflut und wählt einen anderen Ansatz. „Ich fand es schon immer erstaunlich, wie viele Chancen es regelmäßig in der Bundesliga für die Mannschaften in den ersten Minuten gibt. Das habe ich in Dänemark so nie erlebt, dort wird mit angezogener Handbremse erst einmal geschaut, wie sich das Spiel entwickelt“, erzählt der Profi von Werder Bremen schmunzelnd. „Hier kommt jeder sofort mit 100 Prozent aus der Kabine. Wenn du dann nicht selbst sofort da bist oder dir einen individuellen Fehler erlaubst, lässt du automatisch eine Chance zu. Da sind wir alle gefordert, direkt aufzupassen.“ (mbü)