Fast ganz oben angekommen: Max Kruse hat sich mit dem SC Freiburg bis auf Platz fünf gespielt, will aber von der Europa League noch nichts hören. ·
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Fast ganz oben angekommen: Max Kruse hat sich mit dem SC Freiburg bis auf Platz fünf gespielt, will aber von der Europa League noch nichts hören. ·

Max Kruse kommt als Freiburgs Topscorer zurück ins Weserstadion

„Werder hat Pech, uns nicht mehr zu haben“

Werder-Bremen - FREIBURG · Mit 18 Jahren kam er zum SV Werder – und schnupperte auch am Durchbruch. Doch Max Kruse wollte nach nur einem einzigen Bundesliga-Einsatz in drei Jahren nicht länger nur zweite oder sogar dritte Wahl sein, er flüchtete 2009 in die Zweite Liga zum FC St. Pauli.

Am Samstag kehrt Kruse ins Weserstadion zurück. Mit 55 Bundesliga-Spielen auf dem Buckel. Der 24-Jährige ist Leistungsträger beim SC Freiburg – und mit fünf Toren und sechs Assists der Topscorer des Tabellenfünften. Wie sich das anfühlt, was er über seine Werder-Zeit denkt, und warum er noch nie gegen Bremen gewonnen hat, verrät Kruse im Interview.

Herr Kruse, wissen Sie noch, was Sie am 31. Mai 2009 gemacht haben?

Max Kruse: Puuuh – keine Ahnung. Oder Moment mal, da habe ich doch Werder verlassen.

An dem Tag noch nicht, denn da haben Sie auf dem Bremer Rathausbalkon gestanden und sich von den Werder-Fans für den Pokalsieg feiern lassen.

Kruse: Stimmt! Daran kann ich mich gut erinnern. Das war schon ein Erlebnis, als junger Spieler den DFB-Pokal in den Händen zu halten. Okay, ich hatte nicht wirklich meinen Teil dazu beigetragen, ich hatte ja gar nicht gespielt. Aber trotzdem war es eine tolle Sache.

Mit welchem Gefühl blicken Sie auf Ihre drei Jahre bei Werder zurück?

Kruse: Positiv. Bremen war meine erste Profistation, das sagt vieles aus. Ich hatte eine schöne Zeit. Nur am Ende hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass ich eine richtige Chance bekomme, deshalb bin ich gegangen.

Was ist nach Ihrem einzigen Bundesliga-Einsatz für Werder am 29. September 2007 beim 8:1 gegen Bielefeld schief gelaufen?

Kruse: Das ist eine gute Frage. Ich kann es mir bis heute nicht erklären. Ich war noch ein paar Spiele im Kader, in der Rückrunde dann aber gar nicht mehr. Das tat weh, das war auch nicht so einfach für mich. Schließlich hat es 2009 dazu geführt, dass ich zum FC St. Pauli gewechselt bin.

Werder-Coach Thomas Schaaf konnte damals nicht verstehen, warum Sie Werder gegen einen Zweitligisten eingetauscht haben. Er hätte Sie gerne in Bremen behalten.

Kruse: Das hat er mir damals auch gesagt. Aber ich hatte es doch schon zwei Jahre in Bremen probiert. Wie lange sollte ich noch warten? Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich hier als Spieler aus der eigenen Jugend nicht die richtige Wertschätzung erfahre und nicht die erhofften Einsatzzeiten bekomme. Außerdem hat das damals mit dem Angebot von Werder doch etwas lange gedauert . . .

Wie fühlt es sich an, als Topscorer eines Tabellenfünften ins Weserstadion zurückzukehren?

Kruse: Topscorer – das ist immer so eine Sache. Wir haben erst den 22. Spieltag. Natürlich freue ich mich darüber, dass wir so gut dastehen. In der Bundesliga kann aber alles ganz schnell gehen. Wenn wir gegen Düsseldorf nicht gewonnen hätten, wären wir jetzt Zwölfter. Ich bin einer, der auf dem Boden geblieben ist. Aber natürlich freue ich mich, in guter Form nach Bremen zurückzukommen.

Es heißt immer, Neuzugänge hätten es schwer beim SC Freiburg. Warum läuft es für Sie so gut im Breisgau?

Kruse: Für viele Spieler ist es hier einfach Neuland, was das Taktische betrifft. Darauf wird sehr viel Wert gelegt. Unser Trainer Christian Streich arbeitet ganz akribisch daran, dass es taktisch hundertprozentig passt. Viele Spieler sind das nicht gewohnt. Ich habe den Vorteil, dass ich taktisch sehr gut geschult bin.

Profitieren Sie nun von der guten Werder-Schule?

Kruse: Auch. Ich hatte schon immer ein gutes Spielverständnis. Ich kann einfach gut interpretieren, was der Trainer von uns verlangt.

Sie galten als Luftikus – was hat Sie zum Vollprofi gemacht?

Kruse: Luftikus ist ein schöner Begriff. Als junger Mensch macht man eben ein paar Dinge anders. Auch jetzt lebe ich nicht immer, wie es ein Vollprofi vielleicht sollte. Aber ich weiß inzwischen, worauf es ankommt und bin im Training und Spiel immer hundertprozentig dabei.

Verraten Sie uns ein paar unprofessionelle Aktionen?

Kruse: (lacht) Lieber nicht. Durch die Geburt meines Sohnes vor zweieinhalb Jahren hat sich bei mir schon einiges verändert, was die Reife betrifft. Trotzdem gehe ich auch mal in eine Bar. Das braucht man als junger Mensch, das nimmt mir hier keiner übel.

Ist man in Freiburg jetzt besonders stolz, dass man vor Clubs wie Werder, Wolfsburg oder Schalke steht?

Kruse: Wenn das am Ende der Saison auch noch so ist, wäre das wirklich ein sehr, sehr großer Erfolg für uns. Dann sind wir auch stolz. Aber die Saison ist noch lang. Wir müssen in jedes Spiel mehr als 100 Prozent investieren. Wir können nicht mal zehn Prozent weniger machen, wie das vielleicht andere Clubs können, weil sie das durch individuelle Klasse ausgleichen.

Welchen Anteil hat Trainer Streich an der Freiburger Erfolgsgeschichte?

Kruse: Einen großen Anteil. Ich habe ja schon gesagt: Was das Taktische betrifft, ist er sehr, sehr weit. Er ist ein durchweg positiver Typ, ein sehr, sehr ehrlicher Trainer, der versucht, Kritik nicht immer negativ zu sehen. Es geht einfach darum, gewisse Sachen zu verbessern. Wir machen viele Analysen über jedes Spiel und werden immer optimal auf den nächsten Gegner vorbereitet – das macht uns stark.

Worin unterscheiden sich Streich und Schaaf?

Kruse: Das ist schwer zu sagen. Okay, Herr Streich ist insgesamt etwas kommunikativer, was die Gespräche mit den Spielern angeht. Allerdings war ich in Bremen auch kein Stammspieler, sondern mehr in der zweiten Mannschaft.

Sie sind damals gemeinsam mit Ihrem Kumpel Martin Harnik zu Werder gekommen. Sie sorgen in Freiburg für Furore, er in Stuttgart – wird da manchmal geflachst, dass Werder Ihr Talent verkannt hat?

Kruse: Nein. Wir sind dankbar, dass wir in Bremen die Chance bekommen haben, im Profifußball Fuß zu fassen. Aber wir denken natürlich schon, dass Werder Pech hat, uns nicht mehr zu haben. So ist Fußball.

Gibt es noch Kontakt zu aktuellen Werder-Spielern?

Kruse: Mit Aaron Hunt tausche ich mich regelmäßig aus, ab und zu auch mit Philipp Bargfrede. Mit ihm habe ich bei den Werder-Amateuren gespielt.

Bargfrede hat es im Gegensatz zu Ihnen als Eigengewächs bei Werder geschafft.

Kruse: Das freut mich. Als ich gegangen bin, gab es quasi die Trendwende. Danach kam Philipp nach oben – zusammen mit zwei, drei anderen. Davor wurde noch nicht so sehr auf die Jugend gesetzt, weil viele Stars da waren. Da hatten wir jungen Spieler es ganz schwer. Jetzt wäre es einfacher.

Können Sie sich eine Rückkehr vorstellen?

Kruse: Man soll natürlich niemals nie sagen. Aber ich habe hier erst vor einem halben Jahr einen Dreijahres-Vertrag unterschrieben, deshalb brauche ich nicht über andere Sachen nachzudenken.

Sie würden bestimmt herzlich empfangen, schließlich haben Sie den Bremern nie wehgetan: Vier Spiele, vier Niederlagen – warum können Sie gegen Werder nicht gewinnen?

Kruse: (lacht) Also ich habe nur einmal mit Freiburg gegen Werder gespielt, ansonsten nur mit Pauli. Ich denke, dass man das am Wochenende ändern kann. Serien sind dazu da, um beendet zu werden.

Wird Freiburg dann auch international dabei sein und Werder nicht?

Kruse: Es wäre vermessen, das zu sagen. Werder hat eine hohe Qualität, ist nach zwei Siegen wieder gut drin und hat ganz andere Ansprüche als wir. Wir wollen erst einmal die 40 Punkte, um auch nächstes Jahr in der Bundesliga zu spielen. · kni

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