Nach 4:2-Erfolg über Hertha BSC
Fans feiern schon den Klassenerhalt, der SV Werder noch nicht
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Der SV Werder Bremen gewinnt in Berlin 4:2 (2:0) gegen Hertha BSC und hat nun 35 Punkte auf dem Konto. Reichen die bereits für den Klassenerhalt? Während viele Fans schon den Ligaverbleib feiern, will Werder noch keinen Haken an die Sache machen.
Bremen – Selbst das Trainerteam und der Staff feierten ausnahmsweise auf dem Rasen mit, weil es Ole Werner unbedingt wollte. „Mir war es heute einfach wichtig, dass das alle mal genießen. Denn es ist für alle ein ganz besonderes Erlebnis gewesen“, erklärte der Coach des SV Werder Bremen nach dem fulminanten 4:2 (2:0)-Erfolg bei Hertha BSC mit einem fast noch fulminanteren Fan-Fest. Über 25.000 Werder-Anhänger hatten im mit 75.000 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion für eine unglaubliche Heimspiel-Atmosphäre gesorgt. Während die Fans anschließend – beseelt vom Sieg und der Laufbahn-Party mit ihren grün-weißen Lieblingen – draußen schon lautstark vom vorzeitigen Klassenerhalt sangen, blickten die Profis und der Trainer noch wesentlich nüchterner in die Zukunft. Bevor sie dann im Bus weiterfeierten und sich ein Teil von ihnen noch in der Bremer Disco „La Viva“ vergnügte.
„Durch ist man, wenn man durch ist, das ist noch nicht der Fall. Deswegen gucken wir auf die nächste Aufgabe“, sagte Werner und meinte damit das nächste Auswärtsspiel am Samstag beim FC Schalke 04. Dahin blickt bei dem Thema auch Werder-Kapitän Marco Friedl: „Wir haben heute einen Riesenschritt gemacht, aber wir sind noch nicht durch. Wir fahren nach Hause, regenerieren und bereiten uns dann mit vollem Fokus auf Schalke vor. Wenn wir da drei Punkte holen, sind wir, glaube ich, auch durch.“
Werder Bremen mit 35 Punkten aus 29 Spielen - reicht das schon für den Klassenerhalt?
Mit nunmehr 35 Punkten steht der SV Werder Bremen richtig gut da. Der Abstand zum Relegationsplatz (VfB Stuttgart) beträgt zehn Punkte. Da Schalke am Sonntag in Freiburg verloren hat, sind es sogar elf Zähler auf einen direkten Abstiegsplatz. Ein beachtliches Polster fünf Spieltage vor dem Saisonende. Doch das interessierte die Protagonisten nur am Rande. Ihnen war es viel wichtiger, diesen Negativtrend mit sechs sieglosen Spielen (darunter vier Niederlagen) durchbrochen zu haben. So gestand Friedl: „Wir haben das ganz klar analysiert: Es waren gute Leistungen, wir haben die Spiele aber jeweils in wenigen Minuten verloren. Das hat uns dann schon unter der Woche geschmerzt. Es kann sein, dass da jeder nochmal etwas konzentrierter gewesen ist.“
Leistung und Ertrag passten endlich mal wieder zusammen. Wenngleich Ole Werner auch zugab, dass zumindest zu Beginn ein bisschen Glück im Spiel war: „Diesmal geht die erste Chance gegen uns nicht rein, und wir machen unsere erste Chance.“ Hinten hatte Jiri Pavlenka gegen Dodi Lukebakio pariert (3.), vorne Marvin Ducksch zum 1:0 getroffen (6.) Als der Torjäger dann in der 26. Minute auf 2:0 erhöhte, gingen die Köpfe der angeschlagenen Herthaner endgültig runter. Der Effekt des Trainerwechsels beim Tabellenletzten – weg von Sandro Schwarz, hin zu Pal Dardai – war von Werder Bremen mal eben weggeballert worden.
Sehr zur Freude der Gäste-Fans, die ihr Glück kaum fassen konnten. Jetzt war das Olympiastadion fest in Werder-Hand – wie zuvor schon die Zuwegung zur Arena. Über 10.000 Fans hatten für einen unvergesslichen Fanmarsch gesorgt und diesen unglaublichen Tag damit eingeläutet. Kurz darauf gab es mit Bekanntwerden des Füllkrug-Ausfalls einen kleinen Dämpfer. Doch der war schnell vergessen, weil die Mannschaft wie aus einem Guss spielte. Gegen eine immer schwächer agierende Hertha hätte schon vor der Pause alles klar sein müssen. Das besorgten dann Ducksch (51.) mit seinem dritten Tor und Mitchell Weiser (63.) recht flott nach dem Wechsel. Weil Jessic Ngankam (68.) und Lukebakio (79. Foulelfmeter) auf 2:4 verkürzten, bekam Werner kurzzeitig noch „ein mulmiges Gefühl“. Doch Werder Bremen stabilisierte sich wieder, brachte den Vorsprung locker über die Zeit. Während die Hertha-Fans nach einem Pfeifkonzert schnell das Weite suchten, begann für die Grün-Weißen die dritte Halbzeit, die es in sich hatte.
So feiert der SV Werder Bremen die Big Points in Berlin gegen Hertha BSC
Die Mannschaft lief auf der Laufbahn vor der Werder-Kurve hin und her, die Fans tobten vor Freude. „Wir sind einfach ein bisschen bescheuert“, lachte Ex-Herthaner Niklas Stark: „Das ist uns einfach so in den Kopf gekommen und war total witzig.“ Auch Clemens Fritz, der als Profi schon einiges erlebt hat, war als Leiter Profifußball schwer beeindruckt: „Das war der Wahnsinn! Das war Gänsehaut pur! Das war wie in einem DFB-Pokalfinale!“ Fritz muss es wissen, er hat an dieser Stätte 2009 mit Werder Bremen den Pokal geholt. „Es ist unglaublich, hier solch eine Unterstützung zu haben. Da ist man ein Stück weit sprachlos“, schwärmte der 42-Jährige. Und Friedl musste unbedingt noch etwas loswerden: „So etwas habe ich noch nie in einem Bundesliga-Spiel erlebt - tausend Dank an jeden Einzelnen, der dabei war!“ Keiner von denen wird das jemals vergessen, auch nicht das Trainerteam und der Staff, den Werner übrigens mit einem Trick Richtung Party getrieben hatte: „Wenn wir reingehen, fühlen sich die anderen genötigt mitzugehen. Deshalb bin ich vorweggegangen – diesmal in die andere Richtung…“ (kni)