3:1-Sieg – aber kein Bremer spricht über die Rettung
Noch keine Entwarnung nach dem Überfall auf Augsburg
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Augsburg - Die WWK-Arena war schon so gut wie leer - nur in einer Ecke war noch richtig was los. Dort standen knapp 3.000 grün-weiße Fans und feierten mit ihrer Mannschaft den 3:1 (2:0)-Sieg beim FC Augsburg.
Es wurde getanzt, gelacht, gesungen, geschubst und gerangelt – fast so, als wäre der Erfolg, den Ishak Belfodil mit dem ersten Bundesliga-Doppelpack seiner Karriere (5./40.) sowie Max Kruse (82.) herausgeschossen hatten, schon gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt. Doch von dieser Einschätzung distanzierten sich alle Bremer mit Vehemenz.
Obwohl Werder mit zehn Punkten aus den letzten vier Spielen einen enormen Zwischenspurt hingelegt hat, obwohl der Vorsprung auf den Relegationsplatz mittlerweile acht Zähler beträgt und obwohl die Mannschaft in Augsburg eine erste Halbzeit hingelegt hatte, die mit das Beste war, was Werder in den letzten Jahren gezeigt hat, besteht die maximale Zuversicht aus Sätzen wie diesem: „Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht – mehr nicht.“
Kohfeldt: „Du darfst nie durchatmen im Fußball“
Sportchef Frank Baumann tat ihn kund, der wieder nur eingewechselte Kapitän Zlatko Junuzovic sagte Ähnliches und auch Trainer Florian Kohfeldt nahm bei Glückwünschen und Schulterklopfern die Abwehrhaltung ein. „Es ist noch gar nichts entschieden. Wenn du jetzt nur einen Hauch nachlässt, dann bist du wieder dabei. Du darfst nie durchatmen im Fußball“, sagte der 35-Jährige und wurde richtig energisch, als die Fragen trotzdem weiter in die von ihm nicht gewollte Richtung gingen. Sein Stopp war deutlich: „Wir müssen weiter sehr aufpassen. Wir müssen vor allem die Gier bewahren, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Und es muss uns dabei total egal sein, auf welchem Tabellenplatz wir stehen.“
Denn die Gefahr bestehe darin, sich schon sicher zu fühlen und dann den Schalter nicht mehr umlegen zu können, falls es doch noch mal ernst werden sollte. „Genau das ist der Punkt“, meinte Kohfeldt: „Es muss unser Markenzeichen sein, dass die Spannung bei uns nie runtergeht.“ Dass das zuletzt hervorragend funktioniert hat, lässt sich an der Punkteausbeute ablesen. 33 Zähler sind es schon – und mittlerweile ist der Abstand zu Platz sechs mit sieben Punkten kleiner als der zum Relegationsplatz. Von Europa träumt deshalb aber niemand. „Wir sind noch mittendrin im Abstiegskampf“, verdeutlichte auch Mittelfeldmann Maximilian Eggestein.
Dabei trifft es die Vokabel „Abstiegskampf“ gar nicht wirklich bei Werder. Die Bremer spielen sich aus der Gefahrenzone. Es war beeindruckend, wie das Kohfeldt-Team den FC Augsburg in der ersten Halbzeit beherrschte. Mit seinen Toren avancierte Belfodil natürlich zum Matchwinner, und Kohfeldt hatte einmal mehr die goldrichtige Entscheidung getroffen.
Belfodil bekam bei ihm den Vorzug vor dem noch am Montag gefeierten Köln-Torschützen Milot Rashica („Ich hatte das Gefühl, dass die Erwartungen an ihn zu hoch gewesen wären“) und auch vor Kapitän Zlatko Junuzovic („Wir haben das in einem sehr guten Gespräch miteinander besprochen“). Belfodil dankte es mit dem trockenen Schuss aus halbrechter Position zum 1:0 und dem Billardtor zum 2:0, als er erst an Augsburg-Keeper Marwin Hitz scheiterte, den Abpraller aber mit dem Knie über die Linie schubste. Mit „richtig gut“ fasste Sportchef Baumann 45 Minuten zusammen, die einem Überfall auf Augsburg gleichgekommen waren.
Zweiter Matchwinner: Pavlenka entschärft vier Hochkaräter
In der zweiten Hälfte geriet Werder allerdings unter Druck, und in Jiri Pavlenka kristallisierte sich mit jeder Parade ein zweiter Matchwinner neben Belfodil heraus. Insgesamt entschärfte der Werder-Keeper vier Hochkaräter, nur beim zwischenzeitlichen Anschlusstreffer durch Rani Khedira war er machtlos (63.). „Wir hatten zwei Spieler des Spiels, das Trikot können sie sich teilen“, scherzte Kohfeldt.
Zittern mussten die Bremer vor 30.080 Zuschauern bis zur 82. Minute. Erst dann nutzte Kruse einen der zahlreichen Konter zum 3:1. „Schön, dass ich wieder getroffen habe. Das letzte Mal ist ja schon ein bisschen her“, meinte der 29-Jährige, der fünf Spiele in Folge leer ausgegangen war. Nach dem Ende der kleinen Durststrecke lief er schurstracks zur Tribüne hinter der Werder-Bank und jubelte gezielt nach oben. Denn dort saß sein kleiner Sohn und jubelte zurück. Nach dem Spiel ging es für Kruse senior und junior gemeinsam in die Kurzferien. Erst am Dienstag wird bei Werder wieder trainiert. Auch das kommende Länderspiel-Wochenende wird frei sein. Ein bisschen durchatmen ist also doch erlaubt bei Florian Kohfeldt.
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