Kohfeldt will in München „alles reinhauen“
Das neue Bremer Bayern-Gefühl
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Bremen – Es hat sich etwas verändert. In der Vergangenheit waren Duelle mit den Bayern nur noch lästiger Ballast in ohnehin tristen Spielzeiten. Schließlich gab es 18 Pflichtspiel-Pleiten am Stück. Da wurde den Bremern nach zum Teil heftigen Klatschen noch bewusster, wie lange die tollen Zeiten schon vorbei sind. Und jetzt? Da feiern die Werder-Fans ihr Team sogar schon vor den Spielen gegen den FC Bayern.
1.000 (!) Fans kamen am Karfreitag zum Abschlusstraining, sorgten für Gänsehaut-Momente mit ihren Lederhosen- und Europapokal-Songs. In Bremen herrscht wieder ein neues Bayern-Gefühl, es wird wieder ernsthaft an Siege gegen den haushohen Favoriten geglaubt – erst am Samstag in der Bundesliga in München (15.30 Uhr) und dann vor allem am Mittwoch im DFB-Pokal-Halbfinale im Weserstadion (20.45 Uhr).
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Kohfeldt vor Bayern: „Wir haben auch Waffen“
Aber woher kommt diese Hoffnung? Liegt es vielleicht auch am Rekordmeister, der unter Nico Kovac ernsthaft um die Meisterschaft kämpfen muss und sich schon lange aus der Champions League verabschiedet hat? Wankt Goliath? „Bei den Bayern einen Moment zu konstruieren, sie wären nicht gut drauf, das halte ich für sehr weit hergeholt und für sehr naiv“, betonte Werder-Coach Florian Kohfeldt auf der Spieltags-Pressekonferenz und verwies nicht nur auf die 15 Münchner Siege in den vergangenen 17 Spielen: „Sie haben sehr stabil gespielt und gegen verschiedene Gegner verschiedene Lösungen gefunden.“
Namentlich warnte er beim Tabellenführer noch vor Serge Gnabry und Kingsley Coman auf den Außenbahnen sowie Robert Lewandowski und Thomas Müller im Sturmzentrum. „Da kommt brutale Qualität auf uns zu“, sagte Kohfeldt, war mit seinem Satz jedoch noch nicht am Ende: „Wir haben auch Waffen. Wir müssen nicht nur darauf hoffen, dass alles komplett für uns läuft.“
Was schon wie eine Kampfansage klang, sollte bitteschön keine sein, meinte der 36-Jährige: „Davon bin ich kein Freund.“ Entscheidend sei schließlich auf dem Platz. Doch ihm war es schon wichtig, die in dieser Saison stetig gewachsene Qualität seiner Mannschaft hervorzuheben. Die verbiete es, nur darauf zu hoffen, dass die Bayern einen schlechten Tag erwischen, oder sich nur hinten reinzustellen und auf diesen einen Konter zu warten. „Wir werden eine ziemlich klare Idee haben, wie wir dieses Spiel für uns entscheiden können“, kündigte Kohfeldt an, um sich wenig später mit seinem Team im Weserstadion einzuschließen. Geheimtraining. Das gehört unter Kohfeldt längst zu einer Trainingswoche dazu.
Was tüftelt der Coach diesmal aus? Die Herausforderung ist dabei noch größer als sonst, denn schon wenige Tage später kommt es zum Wiedersehen. Kohfeldt schließt aus, deshalb in irgendeiner Form zu taktieren und nicht alles zu präsentieren, weil ein Pokal-Halbfinale bedeutender sein könnte: „Wir werden alles reinhauen!“
Fotostrecke: Impressionen vom Abschlusstraining vor dem Bayern-Spiel




Baumann: „So etwas erleben wir sonst nur vor Nordderbys“
Auf die richtige Mischung kommt es gegen den Rekordmeister an. Gut verteidigen, aber eben nicht nur. „Kein Plan der Welt wird alle Stärken der Bayern neutralisieren“, stellte Kohfeldt klar: „Also musst du Abwägungen treffen. Was hältst du für besonders gefährlich – und vor allem, wo kannst du Bälle gewinnen? Denn das Erdrückendste in München ist das Gefühl, dass du gar nicht an den Ball kommst.“ Also mutig sein. Den Bayern nicht nur weh tun wollen, sondern die eigenen Ballbesitzphasen auch in gefährliche Angriffe münden lassen. Erst dann kann es schmerzhaft für die Münchner werden.
Die Werder-Fans glauben daran. „So etwas erleben wir sonst nur mal vor Nordderbys“, sagte Sportchef Frank Baumann zu dem großen Andrang beim Abschlusstraining und urteilte: „Das zeigt, dass wir ein bisschen näher an die Bayern rangerutscht sind, dass dieses Spiel wieder eine höhere Wertigkeit hat.“ Und die Unterstützung wird noch größer: In der Allianz-Arena sind 7.000 Bremer dabei – und das mit einem neuen, einem schon sehr euphorischen Bayern-Gefühl.