Nach Werders 1:0-Sieg gegen den HSV
Der Abschied vom Nordderby?
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Bremen - Ob er nun zurecht als Matchwinner gefeiert wurde oder nicht, bleibt mal dahingestellt. Fakt ist, dass Ishak Belfodil sich ein bisschen wie einer fühlte, als er nach dem mit einer Megatonne Bedeutung beladenen Nordderby vor die Journalisten trat.
Er war es gewesen, der den 1:0-Siegtreffer in der 86. Minute irgendwie erzwungen hatte. Als Torschütze wird der eingewechselte Stürmer wohl nicht geführt, der Treffer gilt offiziell als Eigentor des Hamburgers Rick van Drongelen. Doch ohne Belfodils Zutun wäre es nicht dazu gekommen. Also sprach der Algerier, als ob er doch der Torschütze gewesen wäre, und wählte die passenden, großen Worte. „Dieser Sieg war nicht nur ein Sieg für die Mannschaft. Dieser Sieg war für die ganze Stadt.“ Für eine Stadt, die sich nun mehr denn je Hoffnung machen kann, auch in der kommenden Saison einen Fußball-Bundesligisten aufbieten zu können.
Das 1:0 wird vielleicht im Rückblick auf diese Saison als Meilenstein für den Klassenerhalt bewertet werden. Belfodil hofft das, denn dann „wäre ich sehr stolz auf mich“. Tatsächlich hat Werder durch den Erfolg weitere drei Punkte zwischen sich und einen direkten Abstiegsplatz gebracht.
Abstiegsangst noch nicht komplett gebannt
Neun Zähler beträgt der Vorsprung auf den HSV und damit auf Platz 17 – dürfen die Ängste, direkt absteigen zu können, deshalb bereits weggepackt werden? Nein, zu früh, sagte Werder-Sportchef Frank Baumann, nachdem er die erste Ladung Endorphine, die ihm nach dem Siegtor in den Körper geschossen waren, wieder abgebaut hatte. „Es war ein wichtiger Sieg und wir haben einen wichtigen Schritt gemacht. Aber es müssen noch weitere folgen.“ Das ist das, was jeder Fußballer, jeder Manager, jeder Trainer sagt, solange rechnerisch noch alle guten und schlechten Varianten möglich sind. „Es ist nicht die halbe Miete“, meinte auch Belfodil: „Es ist weniger.“
Aber klar: Mehr Rückenwind als mit einem späten Sieg über den HSV hätten sich die Bremer gar nicht holen können. Die Szenen nach dem Abpfiff zeigten, wie groß die Anspannung für Werder gewesen sein musste. Max Kruse brüllte seine Freude unbändig heraus, Philipp Bargfrede schüttelte wie wild die Fäuste. Und überall lagen sich grüne Männer in den Armen. Glücksgefühle pur, die Werder in den kommenden Wochen nutzen will. „Jetzt genießen wir erstmal den Sieg. Und dann wollen wir auch den Abstand auf den Playoff-Platz vergrößern, um uns das Leben leichter zu machen“, forderte Verteidiger Niklas Moisander.
Nordderby als Sargnagel für den Bundesliga-Dino?
Zehn Spieltage vor Saisonende sind es eben nur zwei Punkte, die Werder vom FSV Mainz 05 und dem Relegationsplatz trennen. Von einer Entspannung der Situation kann deshalb allenfalls im Ansatz die Rede sein. Die Gefahr ist noch da – selbst durch den HSV. Jedenfalls glaubt Maximilian Eggestein das. „Der HSV ist noch nicht abgestiegen“, erklärte er – doch es finden sich immer weniger Anhänger dieser Meinung. Dagegen denken viele, dass das 108. Nordderby im Rückblick nicht nur als Meilenstein zur Bremer Rettung gesehen wird, sondern auch als weiterer Nagel im Sarg des letzten Bundesliga-Dinos.
Sogar die Hamburger selbst haben Schwierigkeiten, ihren Glauben an den Klassenerhalt noch vernünftig und mit Überzeugung nach außen zu tragen. „Der HSV hat es noch immer geschafft, nicht abzusteigen“, sagte Stürmer Andre Hahn, klang dabei aber vor allem trotzig. Und Vorstandschef Heribert Bruchhagen sprach – nachdem er seinem Ärger über die Umstände des 0:1 ungezügelt Luft gemacht hatte – ganz vorsichtig nur noch von einer „Restchance“, die dem Hamburger SV bleibt. Doch die ist so klein, dass man sich mittlerweile ernsthaft mit dem Gedanken beschäftigen muss, dass es in der kommenden Saison kein Nordderby und damit auch keine Möglichkeit für so große Bremer Emotionen wie am Samstagabend mehr geben wird.
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